ZUGSPITZ ULTRATRAIL – Bericht aus dem „Lage“zentrum

von Andrea



Das "Lage"zentrum beim ZUT ... in therapeutischer Stufenlagerung. Aber auch in der Horizontalen: Alles im Griff!


Auch für mich wurde der Basetrail XL zu einer besonderen Herausforderung: Nach monatelangem Training erwischte mich zwei Wochen vor dem Lauf die „Hexe“. Zunächst hatte ich tatsächlich noch die Hoffnung, dass ein Hexenschuß genauso plötzlich verschwinden würde wie er gekommen war. Doch leider wurden die Schmerzen erstmal schlimmer – mein Rücken war ein einziger Krampf.

Ich wollte trotzdem mit! Erstens hatten wir dieses Mal ein nettes Hotel gebucht -  mit „Wellness“: Es gab eine Sauna, einen kleinen Pool und einen Whirlpool – mein Rücken entspannte sich allein schon beim Gedanken daran! Und – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – vielleicht würde es mir in einer Woche ja doch schon wieder so gut gehen, dass ich zumindest mal die erste Hälfte laufen konnte. Die sah ja vom Profil ziemlich flach aus … (dass dem dann nicht so war beschreibt Sabine in ihrem Bericht).

Oder es würde mir etwas besser gehen,  so dass ich es zu Fuß und per Seilbahn zu zwei oder drei Streckenpunkten schaffen könnte, um die anderen anzufeuern.

Na ja, und wenn es nicht besser wäre, gut – dann würde ich mich eben den ganzen Tag im Whirlpool entspannen, um später wenigstens den Zieleinlauf der anderen zu bejubeln.

Freitag, der Tag vor dem Wettkampf: Nein, mein Rücken war leider nicht besser geworden – jedenfalls nicht wesentlich. Nach viereinhalb Stunden Autofahrt (mit Pausen!) schlich ich vorsichtig in unser Hotel in Grainau. Nachdem wir uns dort eingerichtet hatten, gingen wir in den Ort zur Startnummernausgabe. Langsam. SEHR langsam … Meine Startnummer hatte ich nicht mehr zurückgeben können, und so holte ich meinen Wettkampfbeutel ab, um wenigstens in den Genuss der vielen „Goodies“ zu kommen. Aber irgendwie war es ein ziemlich beschissenes Gefühl, sich voll ausgestattet mit Wettkampfutensilien zwischen all diesen superfitten Sportlern mühsam durch die Gegend zu schleppen.

Am Wettkampftag verwandelte ich unser Hotelzimmer dann in ein Lagezentrum. Und „Lage“ ist dieses Mal tatsächlich wörtlich zu verstehen – ich lag auf dem Bett, die Beine angewinkelt auf dem Koffer abgelegt, Laptop auf dem Bauch und weitere Utensilien wie Marschtabelle, Textmarker (gelb  = Erik, orange = Sabine und Katrin), Wanderkarte, Handy etc. um mich herumverteilt. Groß genug war das Bett ja!


Eine Wissenschaft für sich: Wie man ein Rennen verfolgt, ohne an der Strecke zu stehen ...


Wenn ich nicht gerade Durchlaufzeiten abglich und diese an Mutter, Schwester, Schwiegereltern und diverse andere Whatsapp-Gruppen kommunizierte, ging ich eine kleine Runde spazieren oder chillte im Whirlpool. Den hatte ich für mich alleine – übrigens mit tollem Blick auf den Basetrail …

Vom Hotel - insbesondere vom Whirlpool - hatte ich den höchsten Punkt des Basetrail XL - den Osterfelder Kopf - stets im Blick. Sieht doch gar nicht sooo schlimm aus ...


Sabine und Katrin liefen gleichmäßig – wunderbar und einfach abzugleichen mit der von Sabine erstellten Marschtabelle.

Mit Erik war es etwas schwieriger: Er war „verhalten“ gestartet. Warum, konnte ich nicht beurteilen (darüber gab die Marschtabelle keine Auskunft). Im schlechtesten Fall hatte er Probleme mit seinem Knie, im besten Fall war er das Rennen angesichts des Knieproblems vernünftig angegangen – was ich, ehrlich gesagt, eher nicht glaubte … entschuldige, Erik!

Von Sabine bekam ich neben den offiziellen Durchlaufzeiten auch immer mal wieder per Handy weitere Zwischenzeiten von Punkten, die wir vorher ausgemacht hatten. Wenn Erik läuft, dann läuft er! Kommunikation mit dem Lagezentrum undenkbar! Bei ihm war ich daher auf die Bekanntgabe der offiziellen Durchlaufzeiten angewiesen.  V7, V8 und V9 waren kein Problem. Aber dann wurde es spannend! Ich lauerte auf V10 Beginn Jägersteig: Wenn sein Knie in Ordnung war, dann würde Erik den Downhill laufen. Wenn er Probleme mit dem Knie hätte, dann wollte er auf den Downhill verzichten, um nicht seinen Hauptlauf, den E101, zu riskieren. Ich hatte ausgerechnet, dass mir von der Bekanntgabe der V10-Zeit eine halbe Stunde blieb, wenn ich vom Hotel rechtzeitig zu Erik’s Zieleinlauf kommen wollte. Diese Strecke von 900m sollte dann auch mit „Rücken“ gut zu schaffen sein.  Aber - es kam keine Durchlaufzeit für V10. Hatte er doch aufgeben müssen?

Endlich! Nach gefühlten 100 mal „refresh“ der Internetseite  kam endlich die V10-Zeit für Erik. Allerdings sagte mir ein kurzer Blick auf die Uhr, dass die Durchlaufzeit schon fast 15 min „alt“ war! Ich hatte also nur noch 15 min, um rechtzeitig zu Erik’s Zieleinlauf zu kommen. Und auf jeden Fall hatte ich keine Zeit, mich um meinen Hexenschuß zu kümmern!

Ich schaffte es! Etwa 2 Minuten vor Erik!! Die Freude war dann noch größer als sich herausstellte, dass Erik tatsächlich als Erster in der Kategorie Senior Masters durch’s Ziel gegangen war! Das bedeutete, dass wir natürlich zur Siegerehrung mußten, die gegen 1600h stattfinden sollte.  Und vorher mußten wir natürlich noch zurück zum Hotel, damit sich Erik repräsentativ herrichten und ich mich kurz ablegen konnte. Auf der Strecke Hotel – Siegerehrung – Hotel stellte ich auf einmal fest, dass ich schon deutlich flüssiger lief als noch am Morgen. Mein Gang unterschied sich nicht mehr allzu sehr von Eriks‘, der gerade mit „Knie“ 39 km und 1970 HM in 04:45:10h hinter sich gebracht hatte.

Nach der Siegerehrung ging es noch einmal für etwa eine Stunde zurück zum Hotel, rechtzeitig zu Kaffee und Kuchen (den auch ich mir verdient hatte!). Dann noch schnell Marschtabellen und Durchlaufzeiten von Sabine und Katrin abgleichen, Zielzeiten berechnen und kommunizieren und schon machten Erik und ich uns wieder auf den Weg in den Ort, um die beiden auf ihren letzten Metern bis ins Ziel anzufeuern.

Wir gingen ca. 400 m vor dem Zieleinlauf in Stellung. Katrin kam als Erstes – erschöpft, aber glücklich – und Erik begleitete sie laufend ins Ziel.

Ich wartete weiter auf Sabine und hoffte – wie ich später erfahren sollte – genau wie sie, dass die Bahnschranken oben bleiben würden. Endlich - eine Sprachnachricht von Sabine ging auf meinem Handy ein. Sie teilte mir hechelnd mit, dass sie soeben die „1 km to go“-Markierung passiert hat. So zügig ich konnte, ging ich weiter in Richtung Ziel. Und da kam sie auch schon! Die letzten 30 Meter ins Ziel „liefen“ wir zusammen 😊.

Am nächsten Morgen: Zwischen mir und den Läufern gab es kaum noch einen Unterschied :) Im Gegenteil: Wenn ich mir Sabine so ansah, dann fand ich, dass ich mich deutlich geschmeidiger vorwärts bewegte als sie …

Mein Fazit:
Mein „Job“ im Lagezentrum war auch dieses Mal wieder sehr spannend und hat mir total viel Spaß gemacht! Aber … irgendwann möchte ich nicht nur immer trainieren, sondern auch mal über eine Ziellinie laufen und bejubelt werden!!

Meine nächste Chance dafür ist am 14. Juli – der E16. Ich werde nach dreiwöchiger Zwangspause das Training nun wieder aufnehmen, deshalb: See you on the trails!!




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