UTMB, IRONMAN und die UTMB World Series: The next big thing?

 

von Sabine

 

Einige Zeit war es recht ruhig um den UTMB. Im letzten Jahr fiel das große Spektakel in Chamonix dem Corona-Virus zum Opfer. Wie genau es in diesem Jahr aussieht, weiß noch keiner.

Gleichzeitig gab es immer mehr Anzeichen, dass sich das System „UTMB“ zu einem geschlossenen System entwickeln wird. Vor zwei  Jahren entwickelte man ein neues Premium-Qualifikationssystem für UTMB/CCC/TDS/OCC: Die Running Stones. Und zeigte damit der ITRA und den Qualifikationsrennen, die bislang Steigbügelhalter waren, einen deutlichen Stinkefinger. Vor einem Jahr trat Michel Poletti  vom Präsidentenamt bei der ITRA zurück. Angeblich aus Altersgründen – was nicht wirklich glaubhaft erschien. Die Meldung verhallte damals im Corona-Chaos. Gleichzeitig bandelten UTMB und Ironman miteinander an – zunächst nicht direkt, sondern über Rennen, die zur UTWT gehören – auch dort spielt Michel Poletti die entscheidende Rolle: Ultra Trail Australia, Tarawera Ultra und Mozart 100 wurden von Ironman gekauft.

Nun, am 6.5.2021, wurde die „strategische Partnerschaft“ zwischenIronman und UTMB angekündigt. Und die Spekulationen – oder sollte man besser sagen: Befürchtungen – wurden wahr, dass sich auch der UTMB analog zum Ironman zu einem geschlossenen System entwickeln wird.

Denn mit der Ankündigung der strategischen Partnerschaft machte man auch bekannt, wie man sich in Zukunft die schöne, neue Ultratrail-Welt vorstellt: Die „UTMB World Series“ ist geboren. Nicht zu verwechseln mit der Ultra Trail World Tour. 

 

UTMB World Series - was ist das?

Die UTMB World Series wiederum präsentiert sich als ein hierarchisches System von Wettkämpfen, an deren Spitze die UTMB/CCC/TDS/OCC Wettkampfwoche steht.

  • Ganz unten stehen die „UTMB World Series Qualifiers“: Sie sind, wie auf den Seiten des UTMB zu lesen ist, das Tor zur UTMB World Series mit Tausenden von Rennen auf der ganzen Welt, die für alle offen sind. Die Teilnahme an einem UTMB World Series Qualifier-Rennen sei  nicht zwingend erforderlich. Läufer, die daran teilnehmen, erhalten jedoch einen privilegierten Zugang zu den UTMB World Series-Veranstaltungen.
  • Stufe 2 der Qualifikationspyramide sind dann die „UTMB World Series Events“: Laut UTMB-Ankündigung sind das Events, die „nach höchsten Qualitätsstandards organisisert“ sind und die mindestens ein Qualifikationsrennen in den Kategorien 50 km, 100 km oder 100 Meilen umfassen. „Bei diesen Rennen werden Running Stones vergeben  und den Läufern die einfache Chance geben, in Chamonix an der Startlinie zu stehen. Die Stars des Sports können aufgrund ihrer Leistung bei den UTMB World Series Events auch das Finale erreichen.“ Welche Events dazugehören, soll im Herbst angekündigt werden. Bislang bekannt sind schon acht Events, von denen fünf dem UTMB und drei dem IRONMAN gehören:  UTMB Mont-Blanc, Val d'Aran by UTMB, Thailand by UTMB, Panda Trail by UTMB, Gaoligong by UTMB, Tarawera Ultramarathon by UTMB (gehört Ironman), Ultra-Trail Australia by UTMB (gehört Ironman), Mozart 100 by UTMB (gehört Ironman).
  • Stufe 3 sind drei „UTMB World Series Majors“: „Jedes Jahr finden drei UTMB World Series Majors statt, bei denen die Athleten beim Finale der Continental Series in Amerika, Europa und in Asien / Ozeanien gegeneinander antreten können. Jedes Rennen der UTMB World Series Majors umfasst mindestens ein Rennen in jeder Kategorie - 50 km, 100 km und 100 Meilen -, wobei Elite- und Amateur-Finisher mindestens die doppelte Chance haben, beim UTMB-Finale anzutreten.“
  • Und die Krone der schönen neuen Ultratrail-Welt sind dann die „UTMB World Series Finals“: UTMB (100 Meilen), CCC (100 km) und OCC (50 km). Interessanterweise ist vom TDS keine Rede.

So weit die Ankündigung. Die – wie schon gesagt – vieles bestätigt, was in den letzten Jahren angebahnt wurde. Diese „Ehe“ zwischen den beiden scheinbar sehr ähnlich gestrickten Partnern – UTMB und Ironman – wird die Trailrunning-Welt verändern. So oder so. Es ist jetzt schon vorauszusehen, dass sich viele Amateure von diesem Kommerz-Zirkus abwenden. Andere werden diesem Zirkus treu bleiben ... so sieht man es ja auch beim System Ironman. Interessant wird sein, was das Ganze für das Trailrunning als Wettkampfsport bedeutet.

Die Erklärung selbst lässt viele Fragen offen. Dazu gehören ganz praktische Fragen: Welche Rennen werden - mal abgesehen von den acht schon genannten Rennen aus der UTMB/Ironman Gruppe - zu den World Series Events gehören? Was wird aus der UTWT? Was geschieht mit dem ITRA Performance Index? Es scheint ja so zu sein, dass der in diesem geschlossenen System nicht mehr benötigt wird. 

Auf einige dieser Fragen gibt die FAQ-Seite der neu gelaunchten UTMB.world Website Auskunft:

  • Die UTWT wird ab Januar 2022 eingestellt.
  • Anders als UTMB, CCC und OCC wird der TDS genau wie der PTL, YCC und MCC ein gesondertes Qualifikationssystem erhalten, das im Spätsommer bekanntgegeben wird. 
  • Interessant ist, dass nicht mehr vom "ITRA-Performance Index" gesprochen wird, sondern nur noch vom "Performance Index". In den FAQ heißt es dazu: "Der von Didier Curdy erstellte Performance Index ist jetzt auf utmb.world verfügbar und liefert weiterhin das Leistungsniveau jedes Läufers, der an den UTMB® World Series-Rennen teilnimmt. Läufer mit einem gültigen Performance Index haben privilegierten Zugriff auf die Registrierung für ein UTMB World Series-Event und verwenden ihren Performance Index, für die Lotterie zu den UTMB World Series Finals. Ein gültiger Performance Index wird erreicht, indem mindestens ein Rennen der UTMB World Series Majors, UTMB World Series Events oder UTMB World Series Qualifiers innerhalb der letzten 24 Monate abgeschlossen wurde." Diese etwas verschwurbelte Beschreibung eröffnet aber mehr Fragen, als sie beantwortet. Denn hier vermischen die Organisatoren selbst zwei Kategorien, die auch früher immer wieder verwechselt wurden: Den eigentlichen Performance Index, der im Rahmen der ITRA von Didier Curdy entwickelt wurde, der Elite-Athleten bislang einen automatischen Zutritt zum UTMB/CCC/TDS/OCC ermöglichte, und der jede erbrachte Leistung mit einem Punktwert zwischen 0 und 1000 bewertet - und die ITRA-Punkte, die man bislang erhalten hat, wenn man bestimmte Rennen innerhalb des Cutoffs gefinisht hat. Die weitere Frage ist: Was ist ein "privilegierter Zugang"?
  • Und wie war das überhaupt mit der ITRA? Müssen Qualifikationsrennen auch von der ITRA anerkannt sein? UTMB sagt dazu: "Für den Zugang zur UTMB Mont-Blanc Lotterie sind keine ITRA-Punkte mehr erforderlich. Im Juni wird eine neue Plattform eingerichtet, auf der Rennen zu UTMB World Series Qualifiers werden können. Ab heute können Rennveranstalter ihr Interesse an UTMB.world bekunden und werden kontaktiert, sobald die neue Plattform verfügbar ist." Das ist der oben schon erwähne Stinkefinger in Richtung ITRA ... 

 

Running Stones - und die Bedeutung für Freizeitläufer

Und wie ist das in Zukunft mit den neu geschaffenen und aufgrund der Covid-Pandemie kaum vergebenen Running Stones? Diese werden nun von den Rennen der UTMB World Series vergeben:

  • Finisher eines UTMB World Series Events der 20k-Kategorie erhalten 1 Running Stone.
  • Finisher eines UTMB World Series Events der 50k-Kategorie erhalten 2 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Events der 100k-Kategorie erhalten 3 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Events der 100M-Kategorie erhalten 4 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Majors der 20k-Kategorie erhalten 2 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Majors der 50k-Kategorie erhalten 4 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Majors der 100k-Kategorie erhalten 6 Running Stones.
  • Finisher eines UTMB World Series Majors der 100M-Kategorie erhalten 8 Running Stones.

Ab 2023 wird man sich für die UTMB, CCC und OCC nur noch über die Running Stones qualifizieren können. Letztlich muss man, damit man sich überhaupt für die Lotterie anmelden kann, mindestens ein World Series Event bzw. World Series Major in den letzten 48 Monaten gefinisht haben - für den OCC zählen alle Kategorien von 20k bis 100M, für den CCC die Kategorien von 50k bis 100M und für den UTMB die Kategorien 100k und 100M. Die Zahl der Running Stones, die man bis dahin gesammelt hat, erhöht letztlich die Wahrscheinlichkeit, dass man gezogen wird - denn 1 Running Stone entspricht einem Los. Für die "Freizeitläufer" heißt das konkret: Alle zwei Jahre muss man mindestens ein Rennen der World Series Events (30 Veranstaltungen) oder World Series Majors (3 Veranstaltungen) finishen, um sich für die Lotterie zu qualifizieren. 


Änderungen für Eliteläufer

Und die Eliteläufer? Die hatten bislang - entsprechen ihrem ITRA Performance Index - einen Startplatz bei den UTMB-Events sicher. In Zukunft wird aber die Rolle des ITRA Performance Index marginalisiert, da der Löwenanteil der Elite-Tickets über die World Series Events (beste 3 Frauen und Männer) und die World Series Majors (beste 10 Frauen und Männer) im Sinne eines Golden-Ticket Systems vergeben wird. Nur wenn diese Tickets nicht genutzt/zurückgegeben werden, werden diese Plätze entsprechend des ITRA Performance Index aufgefüllt.

Neben diesen technischen Fragen gibt es aber auch die Frage, welchen Einfluss die angekündigte UTMB World Series auf die anderen Trailrennen hat, die früher ITRA-Punkte vergeben haben und sich jetzt ggf. um den Status eines Qualifikationsrennens/World Series Events schlagen? Und: Werden andere Rennen/Rennserien überleben, die außerhalb der UTMB/Ironman-Achse liegen: Beispielsweise die Salomon Golden Trail Series. Aber auch die neu gegründete Spartan Trail World Championship: Wird sie eine Chance haben, Eliteathleten anzuziehen? Mit Sicherheit wird in Zukunft Geld eine viel größere Rolle spielen. Es bleibt aber auch die Frage, wie dieser Prozess den UTMB selbst verändern wird. Wird das neue Qualifikationssystem der Eliteläufer die gleiche Leistungsdichte ermöglichen wie bislang der Performance Index.

Es bleibt spannend – in einer Zeit, wo Trailrunner davon träumen, endlich mal wieder bei einem kleinen, lokalen Rennen starten zu können. Das wäre nach der langen Corona-Pause mal ein Neuanfang. Und vielleicht auch auf Dauer eine gute Alternative zu UTMB und IRONMAN.

 

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