Sieben Fragen vor dem Western States 2025

 


von Sabine


Am Wochenende steht uns das „Hochfest" im Ultrarunning bevor: Der Western States 100. Ursprünglich hatte man ein großes Duell „Jim Walmsley gegen den Rest der Welt" erwartet, doch Ende Mai musste der Vorjahressieger und Streckenrekordhalter seine Teilnahme absagen , genau wie Hayden Hawks. Von den Top 10 der Männer kehren in diesem Jahr nur vier Läufer zurück. Auch bei den Frauen fehlen die großen Favoritinnen Courtney Dauwalter und Katie Schide, die 2023 beziehungsweise 2024 unglaublich schnelle Zeiten gelaufen waren.

Wird der Western States dadurch langweilig? Ich denke: im Gegenteil. Gerade das enorm offene Rennen verspricht Spannung. 

Und gleichzeitig sind Walmsley und Dauwalter indirekt bei diesem Rennen präsent. Denn ihre Streckenrekorde schwirren als Benchmark in den Köpfen der LäuferInnen herum und werden sie zu Höchstleistungen antreiben.

Dabei sollte man nicht vergessen: Der Western States lebt nicht nur von den Topfavoriten. Die wahre Seele des Rennens zeigt sich oft im Mittelfeld oder am Ende des Feldes. Nicht umsonst sind in der „Golden Hour" – der letzten Stunde vor dem 30-Stunden-Cutoff – häufig mehr Zuschauer im Stadion der Placer High School in Auburn als beim Zieleinlauf der Führenden.

Meine sieben brennenden Fragen vor dem Rennen:

 

1. Spannendes Rennen oder Favoritensterben?

Dieses Jahr gibt es keine absoluten Favoriten – weder bei den Männern noch bei den Frauen. Stattdessen wartet ein Feld voller vielversprechender Kandidaten. Bei den Frauen führen Fuzhao Xiang (804 ITRA-Punkte in der 100-Meilen-Kategorie), Eszter Csillag (786), Marianne Hogan (786), Emily Hawgood (781) und Ida Nilsson (775) die Favoritenliste an. Spannend wird auch der Auftritt von 100-Meilen-Debütantin Rosanna Buchauer (Gesamt ITRA-Punkte: 776) sowie weiterer starker Läuferinnen wie Caitlin Fielder (773), Martyna Mlynarczyk (772), Riley Brady (772) und Hau Ha (775), die bislang noch keine 100 Meilen gelaufen sind.

Bei den Männern sticht Kilian Jornet (919) mit den höchsten ITRA-Punkten in der 100-Meilen-Kategorie hervor, gefolgt von Vincent Bouillard (916), Rod Farvard (912), Adam Peterman (907) und Daniel Jones (904). Auch Hannes Namberger (888), David Roche (865), der 100-Meilen-Debütant Peter Frano (916), Jeff Ruhling (884) und Joe McConaughy (871) haben realistische Chancen auf die Top 10.

Diese Ausgeglichenheit verspricht ein langes Rennen in der Gruppe – und damit maximale Spannung bis zum Schluss. 
 
 
2. Fallen die Streckenrekorde?
 
Die Bedingungen sind vielversprechend: Kein high snow year in der Sierra Nevada, keine Rekordhitze – auch wenn überdurchschnittliche Temperaturen angekündigt sind. Gutes Hitzetraining und perfektes Temperaturmanagement während des Rennens werden entscheidend sein.
Dennoch dürften meines Erachtens die Rekorde von Jim Walmsley (14:09:28) und Courtney Dauwalter (15:29:33) bestehen bleiben. Realistischer ist eine Rekordzahl von Läufern unter 15 Stunden bei den Männern und unter 17 Stunden bei den Frauen.
 
 
3. Gibt es ein „Dark Horse"?
    Fiona Pascall, die jüngere Schwester der 2021er-Siegerin Beth Pascall, hat bereits mit Siegen beim Wildstrubel und Mozart sowie einem starken 11. Gesamtplatz beim Ultra Trail Chianti überzeugt. Ein Top-10-Platz ist durchaus möglich.
      Hans „the Kid" Troyer erinnert an den jungen Jared Hazen, der 2019 im Alter von 24 Jahren Zweiter hinter Jim Walmsley wurde. Troyer könnte eine ähnliche Überraschung schaffen - oder es könnte sich sein Schicksal beim Black Canyon 2024 wiederholen, wo er unbedingt an den Fersen des Führenden Hayden Hawks bleiben wollte, letztlich aber eine Rhabdomyolyse mit ins Ziel brachte.
       
        4. Return of the Champion: Was macht Jim Howard?
          Eine lebende Legende: 1978 lief Jim Howard erstmals den Western States, gewann 1981 und 1983 – letzteres im legendären „Battle of the Jims" gegen Jim King. Jetzt, als 70-Jähriger mit zwei künstlichen Kniegelenken, geht er auf sein achtes Finish zu. Eine Inspiration für alle Altersklassen. 
           
            5. Der erste 80-jährige Finisher?
              Nicholas Bassett aus Cheyenne, Wyoming, bringt 166 Ultramarathon-Finishes mit – davon 14 Western States. Als 80-Jähriger wäre er der älteste Finisher aller Zeiten. Sein letzter Zieleinlauf 2018 in 29:09:42 lag bereits in der Golden Hour, wenn er damit auch der schnellste Läufer über 70 Jahre ist, der jemals den Western States gefinisht hat. Schafft er auch diesmal das Unmögliche? 
               
                6. Was machen die Deutschen?
                  Über die Lotterie qualifizierten sich Adrian Koch aus Ilmenau (der Zweitjüngste im Feld), Johannes Obermüller aus Kreuth und Matthias Glück aus Walddorfhäslach. Alle drei werden vor allem darauf hoffen, gut durch's Rennen zu kommen und nicht mit dem berüchtigten Cutoff Begegnung zu machen.
                    Echte Medaillenchancen haben dagegen Rosanna Buchauer (Golden Ticket beim CCC) und Hannes Namberger (Golden Ticket beim Canyons Endurance Run). Beide bewegen sich sonst eher in der alpinen Szene und müssen sich an die Hitze und Laufbarkeit des Western States anpassen. Buchauer feiert ihr 100-Meilen-Debüt, während Namberger bei der „Generalprobe" beim Canyons Endurance Run Dritter wurde – in einer Zeit, die fast Adam Petermans 2022er-Siegerzeit entspricht. Ich traue beiden zu, in die Top 10 zu laufen.
                     
                      7. Comeback oder neues Gesicht?
                        Adam Peterman, Sieger von 2022, kehrt nach einer langwierigen Verletzungspause zurück. Kilian Jornet betritt 14 Jahre nach seinem Sieg von 2011 wieder die Bühne. Doch ihre damaligen Siegerzeiten (15:34:24 und 15:13:48) hätten im Vorjahr gerade mal für die Plätze 10 und 12 gereicht.
                        Die Frage ist: Können die erfahrenen Champions die neuen Wilden in Schach halten, oder erleben wir eine Wachablösung? 
                         

                        Wie auch immer: Der Western States 2025 verspricht ein offenes, spannendes Rennen zu werden – mit Geschichten, die weit über die Siegerzeiten hinausgehen.

                         

                        Wollt Ihr den Western States 100 Endurance Run auch verfolgen? Dann schaut hier:



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