von Sabine
So, die internationale Trailrunning-Saison nimmt Fahrt auf. Dabei weiß man nicht, wie weit die Reise geht. Denn die Corona-Krise hat auch schon im Laufsport zu etlichen Absagen, Verschiebungen oder Einschränkungen geführt. Man denke dabei an Straßenveranstaltungen wie den Marathon in Tokio oder den Halbmarathon in Paris. Oder an Trailveranstaltungen wie den 9 Dragons in Hong Kong oder den Gaoligong by UTMB in China. Man muss weder Prophet sein noch zur Fraktion der Panikmacher gehören um vorherzusagen, dass noch einige Laufveranstaltungen abgesagt oder verschoben werden müssen.
Nach gegenwärtigem Stand der Dinge sieht es jedoch so aus, dass der Transgrancanaria stattfindet. Hier meine Liste der Favoritinnen und Favoriten.
Damen
- Azara Garcia de los Salmones (ESP / ITRA Performance Index: 785) Sie hat 2017 den TGC gewonnen und hat im vergangenen Jahr jede Menge Rennen absolviert. Dabei wurde sie unter anderem Zweite beim OCC, Vierte bei der Trail-WM und kam bei der Langdistanz-Berglauf-WM auf Platz 13. Schwachpunkt: 2019 hat sie ihren Schwerpunkt auf kürzere Rennen (Maximaldistanz 60km) gelegt. Mal sehen, wie sie wieder umschalten kann ...
- Kaytlyn Gerbin (USA / ITRA Performance Index: 744) Sie läuft seit 4 Jahren enorm konstant und kennt den TGC – dort war sie vergangenes Jahr Zweite. Beim Western States war sie dreimal in Folge unter den Top 6. Dazu noch Platz 6 beim letztjährigen MIUT. Hat vor wenigen Wochen die Coastal Challenge in Costa Rica gewonnen. Ein Zeichen für ihre Form, aber auch ein Fragezeichen, ob sie schon ausreichend erholt ist.
- Fuzhao Xiang (CHN / ITRA Performance Index: 776) Sie hat im letzten Jahr den UTMF gewonnen und war Elfte beim UTMB. Sehr beeindruckend ist aber vor allem ihre sukzessive Leistungsverbesserung, gemessen an der Platzierung beim Vibram Hong Kong 100: Platz 4 2017, Platz 3 2018, Platz 2 2019 – und Mitte Januar 2020: Platz 1. Mit ihr muss man rechnen!
- Audrey Tanguy (FRA / ITRA Performance Index: 760) Hat sowohl 2018 als auch 2019 den TDS gewonnen, und belegte in diesen Jahren beim MIUT die Plätze 2 bzw. 3. Und hat ansonsten viele kleinere Rennen gewonnen. Auch sie könnte um den Sieg mitlaufen.
- Kaci Lickteig (USA / ITRA Performance Index: 767) Nach zwei hervorragenden Jahren 2015 und 2016 hatte „Pixie Ninja“ 2017 einen Durchhänger und war verletzt. Dann kam sie aber 2018 wieder zurück mit Platz 10 beim UTMB und zeigte mit ihrem dritten Platz beim letztjährigen Western States, dass mit ihr zu rechnen ist.
- Ildiko Wermescher (HUN / GER / ITRA Performance Index: 682) Ildiko Wermescher sollte man niemals unterschätzen! Vor allem nicht, wenn man sie Anfang des Rennens nicht in der Spitzengruppe sieht. Denn sie hat Erfahrung – und Geduld. Das hat sie vor allem bei ihren beiden Starts beim UTMB 2018 und 2019 gezeigt, die ihr die Plätze 7 und 9 einbrachten. Beim Transgrancanaria ist sie bereits zum fünften Mal dabei, bislang war ihre Ausbeute die Plätze 4, 5 (2 Mal) und 10. Wenn man bei diesen Top-Leistungen noch ihr Alter anführt – sie wird in diesem Frühjahr 55 (!) – dann ist das nicht diskriminierend gemeint, sondern voller Bewunderung ...
- Mimmi Kotka (SWE / ITRA Performance Index: 785) Die Frage ist: wie ist die aktuelle Form? Von 2016 bis ins erste Halbjahr 2018 war die Schwedin fast nicht besiegbar: Sieg beim CCC 2016, Sieg beim TDS 2017, Sieg beim MIUT 2018. Dann kam die „Trendwende“ mit dem DNF beim UTMB 2018. Und seitdem läuft es nicht mehr so gut. Mal sehen, ob sie beim TGC wieder zu alter Größe aufsteigt.
- Andrea Huser (SUI / ITRA Performance Index: 745) 2015 bis 2017 lief sie wahnsinnig viele Rennen – mehr als 10 pro Jahr – und gewann sehr viele davon ... oder schnitt zumindest hervorragend ab. Zweimal (2016 und 2017) wurde sie Zweite beim UTMB, dreimal (2016-2018) Zweite beim TGC. Dann, während des Marathon des Sables 2018, kam das Aus mit einer langwierigen Verletzung (oder besser: Verletzungen und Unfällen). Im Frühjahr und Frühsommer 2019 dann der Comeback-Versuch mit einigen kleineren Rennen, der im Sommer wieder in einer Verletzung gipfelte. Nun muss man schauen. Das Ziel beim TGC kann eigentlich nur sein, wieder einmal ein Rennen zu beenden – und zwar ohne Schmerzen.
- Nathalie Mauclair (FRA / ITRA Performance Index: 712) Auch bei ihr ist schwierig zu sagen, in welcher Form sie beim TGC antritt und welche Chancen sie hat. Die letzten großen Erfolge waren Platz 2 beim Marathon des Sables 2017 und Platz 3 beim Hardrock 2017. Seitdem waren es eher Rennen mit geringerer Favoritendichte, bei denen sie angetreten ist.
Herren
- Pau Capell (ESP / ITRA Performance Index: 924) Ganz klar: Wer immer den TGC in diesem Jahr gewinnen will, muss vor allem Pau Capell besiegen. Er ist hier der klare Favorit. Den Transgrancanaria hat er in den vergangenen drei Jahren überlegen gewonnen, dazu kommt unter anderem der Sieg beim UTMB 2019 sowie der Gewinn der Ultra Trail World Tour 2019. Wer sollte ihn stoppen können?
- Jared Hazen (USA / ITRA Performance Index: 919) Er hatte ein super Jahr 2019, gewann den renommierten Lake Sonoma 50 und wurde hinter Jim Walmsley zweiter beim Western States – in einer Zeit, die neuer Streckenrekord gewesen wäre und zum Sieg gelangt hätte, wäre da nicht Jim gewesen. Beim Vibram Hong Kong 100 im Januar zeigte er sich nicht ganz so stark und wurde Fünfter. Ist aber auch ein sehr spezielles Geläuf dort mit vielen Treppen. Die Frage beim TGC ist: Wie wird Hazen mit dem grobschottrigen Untergrund in den Barrancos klarkommen?
- Pablo Villa Gonzalez (ESP / ITRA Performance Index: 891) 2018 hat er den TGC advanced, die kürzere Variante, gewonnen, 2019 wurde er Zweiter beim TGC hinter Pau Capell. Sein Breakout-Race aber war der TDS, wo er sich in bestechender Form zeigte. Zwischen den langen Kanten wechselte der 32 jährige Spanier immer mal wieder zum Skyrunning – und sammelte dort einige Top 10 Plätze. Wenn er auch nur annähernd die Form vom Spätsommer 2019 halten konnte, dann könnte es ein interessantes Battle um den Sieg werden.
- Dylan Bowman (USA / ITRA Performance Index: 900) Fast ein ganzes Jahrzehnt war Bowman ein Meister an Konstanz: Wo er auftauchte, landete er grundsätzlich in den Top 10, meist aber ganz vorn. Auch 2018 war nochmal so ein Jahr mit Siegen beim Tarawera 100M und beim UTMF sowie einem zweiten Platz beim TDS. Dann kam 2019 und plötzlich lief es nicht mehr rund: Knöchelverletzung, Schulterluxation. Zurück auf Los. Ende des Jahres überzeugte er dann wieder mit einem 6. Platz bei der North Face Endurance Challenge California. Die Frage ist auch hier: In welcher Verfassung tritt er beim TGC an?
- Peiquan You (CHN / ITRA Performance Index: 890) Wie Fuzhao Xiang kommt Peiqan You zum TGC mit einem Sieg beim Vibram Hong Kong 100 in der Tasche. Auch sonst sind seine Ergebnisse hochkarätig – allerdings wird der TGC sein erstes Rennen außerhalb Asiens.
- Gediminas Grinius (LTU / ITRA Performance Index: 867) Gediminas Grinius läuft sehr viel – zum einen bei der Ultra Trail World Tour, aber auch bei anderen Events. Im vergangenen Jahr hat er sich den „Grand Slam of Ultrarunning“ vorgenommen. Das sind die vier „historischen“ 100 Meilen Rennen in den USA. Zwei davon – den Vermont 100 und den Wasatch Front 100 – hat er gewonnen, beim Western States wurde er Sechster, beim Leadville Trail Siebter. Daneben startete er noch bei 11 anderen Rennen. Was für ein Pensum! So ist auch der TGC nicht sein erstes Rennen in diesem Jahr – er war bereits in Hong Kong und ist dort beim Ultra Trail Tai Mo Shan und beim Vibram Hong Kong 100 jeweils auf der kürzeren Strecke gestartet – und hat beide Rennen gewonnen. Beim TGC war er übrigens 2015 zum letzten Mal. Damals hat er das Rennen gewonnen ...
- Mathieu Blanchard (FRA / ITRA Performance Index: 858) “Mathieu who?” könnte man sagen. Denn Blanchard tourt zwar seit einigen Jahren durch die Welt und ist dort, wo er antritt, meist auch sehr erfolgreich. Aber es sind eben nicht die großen Veranstaltungen, bei denen man ihn sieht. Im vergangenen Jahr trat er beim CCC an und wurde Zehnter. Seinen größten Erfolg feierte er aber gerade erst vor ein paar Wochen, beim Tarawera 100k: Dort kam er auf den zweiten Platz hinter Tom Evans. Ob Blanchard beim TGC an seine Form beim Tarawera anknüpfen kann?
- Diego Pazos (SUI / ITRA Performance Index: 862) Sein Markenzeichen ist die Fliege – kein Rennen läuft er ohne Querbinder. Und da er schon seit 2011 auf den Trails aktiv ist, ist er entsprechend bekannt. Im letzten Jahr sind ihm zwei seiner vielleicht besten Leistungen gelungen: Platz 2 beim MIUT und Platz 5 beim Transvulcania. Inseln scheinen ihm zu liegen ...
- Harry Jones (GBR / ITRA Performance Index: 851) Der größte Erfolg im vergangenen Jahr war der dritte Platz beim Tarawera 100M. Aber auch Platz 7 beim Lavaredo Ultra und Platz 15 beim UTMB lassen sich sehen. Beim TGC könnte es für die Top 10 reichen.
- Robert Hajnal (ROM / ITRA Performance Index: 837) Hajnal war der Überraschungs-Zweite beim UTMB 2018. Da nutzte er geschickt das große Favoritensterben – nur Xavier Thevenard war damals schneller. Diese Leistung konnte er nochmal bestätigen, als er beim MIUT 2019 auf den vierten Platz kam. Seitdem lief es nicht mehr so gut – vielleicht gelingt ihm das Comeback beim TGC?
Und hier die wichtigsten Daten:
- Streckenlänge: 128km
- Höhendifferenz: 7500 m
- Siegerin Vorjahr: Magdalena Laczak (POL) 16:22:56
- Sieger Vorjahr: Pau Capell (ESP) 12:42:40
- Startzeit: Freitag, 6.3., 23:00 Ortszeit (=0:00 MEZ)
- Live Tracking hier.
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