Fazit Eiger Ultra Trail E35: Lohnt es sich?

von Sabine


Nur noch wenige Tage – dann wird die Anmeldung zum Eiger Ultra 2018 freigeschaltet. Am 31. Oktober ab 10 Uhr sind die virtuellen Pforten geöffnet, und nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist damit zu rechnen, dass sie zumindest für die Strecken E101 und E51 schon wenige Stunden später wieder geschlossen werden, weil der Andrang sehr hoch ist. Danach hilft nur noch das Losglück, denn wenn die Plätze über die direkte Anmeldung ausverkauft sind, wird noch ein geringer Teil verlost.

Wir waren 2017 auf dem E101 und E35 unterwegs und haben darüber auch ausführlich berichtet. Jetzt gilt es – sehr früh – die Entscheidung zu treffen, ob wir das nochmal machen wollen, und wenn: welche Strecke soll es dann sein?

Und wie vor jeder Entscheidung steht für mich zuerst – jetzt in zeitlichem Abstand – die Analyse, was positiv war und was mir nicht so gut gefallen hat. Da sich vielleicht auch andere Läufer und Läuferinnen in den kommenden Tagen die Frage stellen, ob sie sich anmelden sollen, stelle ich meine persönliche Analyse auf unserem Blog online – vielleicht hilft sie ja dem einen oder anderen, der noch nicht beim Eiger Ultra Trail war und jetzt Interesse hätte.

Wie hat mir also der Eiger Ultra – und hier insbesondere der E35 – gefallen?



Die Strecke:
Die Strecke ist für die gemäßigte Länge von 35km sehr anspruchsvoll, was das Höhenprofil angeht. Sollte man sich also nur dann „antun“, wenn man sich gerne am Berg schindet. Und das gilt für bergauf wie bergab! Es gibt nur wenige flache Strecken, und die Steigungen sind richtig steil – und meist auch sehr lang. Auch wichtig zu wissen: Die Steigungen verteilen sich nicht gleichmäßig über die 35km, sondern sind zum größten Teil in den ersten 15km konzentriert.
Hinsichtlich der technischen Ansprüche ist die Strecke jedoch eher einfach. Bis auf ein kurzes, verblocktes Stück unterhalb der Eiger-Nordwand sind die Wege und Pfade prinzipiell gut zu laufen – so man bei den Steigungen laufen kann. Abwärts geht es auch mal ein ganzes Stück über Asphalt. Das heißt: Aufwärts ist – bis auf die Berglaufelite – fast nur Gehen angesagt, abwärts kann man es laufen lassen.
Landschaftlich halte ich den E35 eher für das weniger schöne Teilstück der Gesamtschleife des E101. Da bietet der E51 z.B. vor allem auf dem Teilstück zwischen First und Schynige Platte die schönere Strecke, die bessere Aussicht und das spektakulärere Geläuf. Schönes Wetter natürlich vorausgesetzt.

Veranstalter:
Hier sind echte Profis am Werk, denen ich mich auch gerne anvertraut habe. Schon in den Vorjahren war abzusehen, dass man auch für Wetterkapriolen ein belastbares Sicherheitskonzept in der Hinterhand hat, dass man bereit ist, zur Sicherheit der Läufer unpopuläre Entscheidungen zu treffen (Rennunterbrechung) und auch Ideen und Manpower besitzt, um trotz eines vorherigen Kälteeinbruchs (2016) die Strecken am Wettkampftag belaufbar zu machen. Fazit: Bei dieser Art von Freiluftveranstaltung weiß man nie, was man am Wettkampftag bekommt, aber den Veranstaltern kann man wirklich vertrauen.
Zudem war die Strecke überall ausreichend gezeichnet/beschildert, die Bergrettung war an wichtigen Posten vertreten, die vorherige Information über die Strecke und die Veranstaltung war perfekt.
Einziger Minuspunkt im Rahmenprogramm: Das Briefing war akkustisch suboptimal. Glücklicherweise gab es in 2017 keine wichtigen Informationen beim Race-Briefing, da das Wetter und die Strecke perfekt waren. Hier würde ich mir eher ein Online-Briefing wünschen bzw. eine Art „Schwarzes Brett“, auf dem man eventuelle Streckenänderungen, Sicherheitshinweise etc. veröffentlicht. Dagegen war die Schlussveranstaltung mit Siegerehrung ein sehr schön moderiertes und gelungenes Event.
Auch beim E35 gibt es (wie bei den längeren Strecken) mitzuführendes Pflichtmaterial. Die Kontrollen werden vor der Startnummernausgabe durchgeführt, sind professionell und gleichzeitig zügig. Meine Erfahrung war zudem, dass die Mitarbeiter bei der Materialkontrolle auch gut informiert waren und hier und da sogar Ratschläge geben konnten. Wichtig für alle: Man muss tatsächlich das gesamte geforderte Material dabei haben (außer Verpflegung & Getränke), hier wird streng kontrolliert und man macht auch keine Ausnahmen. Gewünscht hätte ich mir die eine oder andere Stichprobe auf der Strecke, wie sie z.B. beim UTMB üblich sind. Denn ich hatte bei manchen Läufern den Eindruck, dass Sie einiges wieder ausgepackt haben, was sie am Vortag vorgezeigt hatten.

Infrastruktur:
Von Deutschland aus lässt sich Grindelwald super erreichen – sowohl per Auto als auch per Bahn. Da der Ort selbst praktisch ausschließlich aus Hotels und Appartments besteht, gibt es auch hier ein großes Kontingent, das man jedoch auch mit den anderen Touristen teilen muss. Daher empfiehlt sich sehr rechtzeitige Reservierung. Wenn man später dran ist, gibt es jedoch auch in der Umgebung noch Unterkünfte, vor allem in dem strategisch gut gelegenen Interlaken.
Was die Veranstaltungsinfrastruktur angeht, ist man perfekt ausgestattet: Start (für alle Läufe außer E35) und Ziel (alle Läufe) liegen direkt im Ortszentrum, nur wenige Hundert Meter vom Bahnhof entfernt, und ein großes Parkhaus ist auch vorhanden.
Der E35 ist der einzige Lauf, der nicht in Grindelwald, sondern in dem talauswärts gelegenen Burglauenen gestartet wird. Aber auch hier ist alles perfekt organisiert: Es gibt zwei Züge (aus dem regulär verkehrenden Fahrplan), die zur Anreise von Grindelwald nach Burglauenen empfohlen werden, Startnummer ist gleichzeitig Fahrkarte. Die Züge fahren – wie überall in der Schweiz – superpünktlich und haben für Läufer und Begleitpersonen genügend Kapazität. Ein Engpass besteht lediglich bei den Toiletten in Burglauenen – hier hätte ich mir mehr Dixi-Klos gewünscht …

Verpflegung auf der Strecke:
Für mich der große Minuspunkt des E35. Während für die längeren Strecken – die ja im Fall des E101 auch über die gleiche Strecke verlaufen wie der E35 – auch „real food“ angeboten wird, d.h. z.B. Käse, Schinken, Brot etc., gibt es für die Läufer und Läuferinnen der kurzen Strecke nur Produkte des Sponsors Sponser. Und die sind entweder süß oder staubtrocken oder süß und staubtrocken. Nur an einer Stelle, dem Männlichen, gibt es Gemüsebrühe und damit die Möglichkeit, mal den Salzbedarf aufzufüllen. Ich hatte das vorher schon gesehen und mir entsprechend salzige Verpflegung eingesteckt. Es wäre zu wünschen, dass der Eiger Ultra Trail „nachrüstet“ – bei anderen Trailläufen, z. B. beim Karwendelmarsch, bin ich da Besseres gewöhnt.
Wichtig ist auch zu wissen: An der Station Eigergletscher – dem höchsten Punkt des E35 – gibt es KEINE Verpflegung. Damit haben scheinbar einige Läufer gerechnet, und wohl die Infos zur Verpflegung nicht richtig gelesen. Für sie wurde dann die Verpflegung, vor allem aber auch das Getränk, auf dem Weg hinunter nach Alpiglen knapp …

Begleitpersonen:
Ideal! Wenn man gerne seine Crew an einzelne Punkte entlang der Strecke lotst, dann ist das einer der wenigen Trailläufe, bei denen das möglich ist. Nicht zuletzt durch die gute Bergbahn-Infrastruktur im Gebiet von Grindelwald, Wengen und Keine Scheidegg. Wenn man eine fixe und gut organisierte Crew hat und selbst nicht zu schnell unterwegs ist, kann man die Crew sogar an 6 Punkten auf der Strecke sehen: Burglauenen, Wengen, Kleine Scheidegg, Eigergletscher, Alpiglen und im Ziel in Grindelwald. Das ist übrigens beim E51 nicht möglich, da dort die Bergbahn-Infrastruktur nicht so dicht ist.
Es gibt extra für die Crews ein Betreuer-Ticket, gültig für die Dauer des Rennens, mit dem man alle Bergbahnen und Züge des Einzugsbereichs des Eiger Ultra nutzen kann.
Wie bei so vielem – auch in diesem Punkt gibt es die Kehrseite der Medaille: Die Bergbahnen werden nicht nur von den Crews und Begleitpersonen, sondern auch von Tausenden von Touristen genutzt – hauptsächlich solchen aus Fernost. Und diesen läuft man auch über den Weg und ggf. laufen sie einem im Weg herum, vor allem auf dem kurzen Teilstück zwischen Männlichen und Kleine Scheidegg. Manche sind begeistert und feuern einen spontan an, manche sind eher befremdet und nehmen keine Kenntnis von den Läufern. So oder so: man muss es mögen. Also: definitiv kein Traillauf mit Bergeinsamkeit.

Preis-Leistungsverhältnis:
Tja. Was soll ich sagen. Die Schweiz ist kein billiges Pflaster. Und Grindelwald ist nochmal teurer als andere Regionen in der Schweiz. Das merkt man bei allem: Bei den Hotelpreisen, wo man für ein abgewohntes Zwei-Sterne Zimmer schon mal gut und gerne 150 CHF pro Nacht zahlt, beim Essen im Restaurant, aber auch bei dem oben genannten Tagesticket für Begleitpersonen. Das kostet ganze 99 CHF – wodurch auch für Begleitpersonen der Lauf ein eher teures Vergnügen darstellt. Der E35 ist mit einer Anmeldegebühr von 90 CHF auch am oberen preislichen Ende der alpinen Traillauf-Veranstaltungen, wenn man mal mit anderen Wettbewerben im Sub-Marathon-Bereich vergleicht: Beim Karwendelmarsch „bekommt“ man den 35km Lauf zu einem Preis von 55 Euro, den Walser Trail (29km) zu einem Preis von 35-55 Euro (je nach Zeitpunkt der Anmeldung).

Fazit:
Der E35 ist super organisiert, hat perfekte Infrastruktur, bietet super Möglichkeiten für Begleitpersonen und erlaubt dem Trailrunner außerdem, mal der Eiger Nordwand direkt auf die Pelle zu rücken. Minuspunkte gibt es bei der Verpflegung und beim Preis-Leistungsverhältnis.

Mein persönliches Fazit: Ich müsste den E35 nicht unbedingt noch einmal laufen, aber kann es mir schon vorstellen. Es hängt ganz von den Diskussionen in unserer Laufgruppe ab, ob der E35 Bestandteil meines Wettkampfkalenders für 2017 ist oder nicht. Denn er hat einen Vorteil – den ich bisher nicht genannt habe: Da der Eiger Ultra insgesamt 4 Strecken von 16 bis 101 km anbietet, eignet sich diese Veranstaltung auch super für Laufgruppen mit unterschiedlichem Leistungsniveau. Das ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal – gibt es z.B. auch beim ZUT, beim Swiss Alpine oder beim UTMB. Aber der Eiger Ultra bietet z.B. gegenüber dem ZUT den Vorteil, dass die Starts der einzelnen Strecken entweder alle am gleichen Ort sind oder sich leicht erreichen lassen. Ein Pluspunkt, wenn Läufer einer Laufgruppe bei unterschiedlichen Events starten.

Und hier geht’s zu unseren Berichten vom E35 und E101 aus dem Jahr 2017:

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