Western States 2024 – Preview

 


von Sabine

Am Samstag, 29.06.2024 startet der Western States. Es ist einer der sportlichen Höhepunkte im Trail- und Ultrarunning. Womit können wir in diesem Jahr rechnen? Wer hat Chancen auf den Sieg, wer hat Chancen auf das Podium? Hier ein paar Fakten und Gedanken … 

 

Keine Titelverteidiger 

Den Sieg beim Western States sicherten sich 2023 Tom Evans und Courtney Dauwalter – letztere mit einem Fabelrekord von 15:29:33. Und das, obwohl letztes Jahr laut der Statistiker des Western States  nicht zu den „leichten Jahren“ gehörte – dazu war der Schneebelag im High Country viel zu hoch. 

Beide Titelverteidiger, also die potenziellen Startnummern F1 und M1, machen von der Möglichkeit, auch in diesem Jahr zu starten, keinen Gebrauch. Courtney konzentriert sich voll und ganz auf den Hardrock 100, der schon in zwei Wochen stattfindet. Und Tom Evans will auf den UTMB als Saisonhöhepunkt zusteuern. 

Das sollte das Rennen eigentlich besonders spannend machen. 

 

Frühere Sieger 

Mit Jim Walmsley kehrt aber ein früherer Sieger zurück. Er hat den Western States in den Jahren 2018, 2019 und 2021 gewonnen. In den letzten beiden Jahren galt sein Fokus voll und ganz dem UTMB – dazu ist er sogar nach Frankreich gezogen. Jetzt ist er zurück aus Frankreich und damit auch zurück in dem Rennen, das ihn letztlich berühmt gemacht hat. 

Auch Kaci Lickteig hat den Western States gewonnen – das war im Jahr 2016. Sie läuft in diesem Jahr vor allem für den 1000-Meilen-Buckle. Denn sie ist zum zehnten mal beim Western States dabei. Und ihre Resultate beim Western States waren eine Achterbahn: Sie hat seit 2014 die Plätze 6, 2, 1, 16, 12, 3, 10, 18 und 12 belegt. Die Konstante: Sie war seit 2014 in jedem Jahr dabei. Wo wird sich die 38-Jährige aus Ohama, Nebraska, in diesem Jahr platzieren? 

 

Favoriten: Was sagt die ITRA? 

Wenn man sich die Liste der Läuferinnen und Läufer anschaut, die morgen in Olympic Valley starten, dann sind die Favoriten wohl Jim Walmsley und Katie Schide. 

Jim Walmsley kennt die Strecke wie kaum ein anderer Läufer, der morgen im Elitefeld mitläuft. Es ist sein sechster Start. Viermal hat er bereits gefinisht. Und eines ist bei Jim Walmsley immer klar: Der Läufer, der ihn am ehesten schlagen kann, ist Jim Walmsley selbst. Sein oft sehr schnelles Tempo in der ersten Streckenhälfte sprengt nicht nur das Feld, sondern hat ihn so manches mal detonieren lassen. Die laufbare Strecke kommt ihm auf jeden Fall entgegen. 

Katie Schide war im vergangenen Jahr Zweite – sie war fünf Minuten schneller als der Fabelrekord, den Elli Greenwood 2012 aufgestellt hat. Aber Courtney Dauwalter war noch schneller. Katie Schide zeigte vor zwei Monaten beim Canyons 100, wie gut sie auch in diesem Jahr drauf ist. 

Sowohl Walmsley als auch Schide kann man den Sieg zutrauen. Aber wer könnte ihnen den Sieg streitig machen? „Können“ Yngvild Kaspersen und Rachel Drake auch 100 Meilen? Für beide ist der Western States die Premiere auf dieser Strecke. Was können die „Masters“ Nilsson und Debats leisten? Kann Eszter Csillag ihre Leistung vom letzten Jahr wiederholen? Sie lief damals die viertschnellste Zeit, die jemals eine Frau beim Western States gelaufen ist – und wurde Dritte. Kann sich Emily Hawgood nach den Plätzen 7, 5 und 5 nochmals steigern? 

Auch bei den Männern gibt es viele Fragezeichen: Kann Tyler Green nach den Plätzen 14, 2, 4 und 2 endlich den Sieg beim Western States einfahren? Was ist Jonathan Albon bei seiner Premiere über 100 Meilen zuzutrauen? Früher war er Spezialist, für kürzere, technische Skyraces – kann er auch lang und laufbar? Wie gut kommt Petter Engdahl von seinem Pest-Jahr 2023 zurück? Was ist den Chinesen Chen und Duo zuzutrauen, die ein Wettkampfpensum wie kaum ein anderer haben? Schafft es Hayden Hawks endlich, von seinem Image wegzukommen, dass er bei entscheidenden Rennen oft auf Platz 2 landet? Und schafft Dakota Jones eine klugere Renneinteilung als im letzten Jahr? Damals hat er sich lange mit Tom Evans duelliert– ist dann aber völlig eingebrochen. 

Hier die Liste der Favoritinnen und Favoriten, geordnet nach ITRA Performance Index, aber auch mit Angabe der besten Leistung über 100 km und mehr aus 2023 und 2024. 



Rekorde 

Gibt es in diesem Jahr neue Rekorde? Meines Erachtens wird der Streckenrekord bei den Männern (14:09:28) und den Frauen (15:29:33) nicht fallen, allein schon, weil es wohl zu warm wird. Aber es könnte spannend werden bei den Rekorden der Master-Klasse, d.h. bei Läuferinnen und Läufern über 40 Jahren. Der Rekord der Master-Männer steht bei 15:45:21, aufgestellt 2013 von Mike Morton. Tyler Green, der in diesem Jahr 40 wurde, könnte diese Zeit unterbieten. Und den Rekord der Master-Frauen hält Ragna Debats mit 17:41:13 (2021). Sie selbst könnte ihren Rekord verbessern – oder Ida Nilsson. 

Den Rekord der über 60-Jährigen steht seit 2003 auf 20:28:05, aufgestellt von Roger Dellor. Allein die Tatsache, dass der Rekord so lange gehalten hat, zeigt, wie gut er ist. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass er in diesem Jahr gebrochen wird – wobei: 2024 treten 18 Läufer an, die 60 Jahre alt sind oder älter. Den Rekord der über 60 jährigen Frauen hält die derzeitige Präsidentin des Western States, Diane Fitzpatrick. Im Jahr 2018 lief sie 23:52:56. Auch hier ist wahrscheinlich, dass der Rekord bestehen bleibt. 

 

Silver Runner 

Noch eine spannende Geschichte: Der älteste Läufer im Feld dieses Jahr ist Eric Spector, derzeit 77 Jahre alt. Er der im zarten Alter von 60 Jahren erstmals einen Ultramarathon gefinisht hat, könnte zum ältesten Finisher werden. Den bisherigen Rekord hält Nicholas Bassett mit 73 ½ Jahren. 

Das relativ große Kontingent von Läuferinnen und Läufern über 60 Jahre ist auch sehr interessant, vor allem bei den Frauen: Betsy Kalmeyer, die schon 21 Mal den Hardrock gefinisht hat, hat ihr Ticket als „Silver Legend“ bekommen, mit denen jedes Jahr ein Läufer oder eine Läuferin über 60 Jahre geehrt wird. Sie läuft den Western States zum ersten Mal. 

Auch dabei: die mittlerweile 65-jährige, aus der Schweiz stammende Kanadierin Iris Cooper. Sie, die auch als „Swiss Miss“ bekannt ist, hat den Western States vor 9 Jahren schon einmal gefinisht – ob es auch jetzt reicht, wird sich morgen herausstellen. 

 

International und doch Lokal 

Bis vor etwa 20 Jahren war der Western States ein Rennen, dass fast ausschließlich US-Amerikaner interessiert hat. Bis 2010 gingen alle Siege an Läuferinnen und Läufer aus Nordamerika. Doch das internationale Interesse wird immer größer. In diesem Jahr werden 32 Nationen vertreten sein. Insgesamt 92 Läuferinnen und Läufer kommen von außerhalb Nordamerikas. 

Und dennoch schafft es das Rennen immer, sehr viel Lokalkolorit zu bewahren. Dabei hilft auch, dass ein Teil der Tickets an Mitglieder der Teams verteilt werden, die die Aid-Stations betreuen. Morgen werden 87 Läuferinnen und Läufer aus Kalifornien an den Start gehen. 

 

Die Deutschen 

In diesem Jahr sind 5 deutsche Läufer am Start. Nur 1991 (7 Läufer), 2000 und 2019 (jeweils 6 deutsche Läufer) war das deutsche Kontingent größer. Eigentlich sollten in diesem Jahr sechs deutsche Läufer an den Start gehen, aber vor zwei Wochen musste Janosch Kowalczyk leider verletzungsbedingt seine Startnummer M10 zurückgeben. 

Wer sind die deutschen Läufer? Burkhard Münchow (ITRA-Performance Index 482), Klaus Haake (526), Thorsten Preiss (665), Sascha Fersch (605) und Andreas Kohlhund (434). Ihnen allen viel Glück! 

 

Für die Zuschauer 

Der Western States startet morgen um 5 Uhr Ortszeit – bzw. 14 Uhr MESZ. In den vergangenen Jahren wurde die Live-Berichterstattung deutlich verbessert, auch wenn es nicht – wie mittlerweile bei vielen größeren Rennen – kein Live Video von der Strecke gibt. Nur an einigen Punkten, z.B. in Forrest Hill oder anderen zugänglichen Aid Stations sind Kameras aufgebaut. Hier ein paar Links, die helfen, das Rennen zu verfolgen: 

 

Wusstet Ihr schon … 

Wer war der erste Mensch, der den Western States zu Fuß zurückgelegt hat? 

Die meisten von Euch werden sagen: Gordy Ainsleigh, 1974 – er ist mit 23:42 unter der Schwelle von 24 Stunden geblieben. 

Das stimmt allerdings nicht ganz: Davy Crockett von Ultrarunning History hat recherchiert, dass schon im Jahr 1972 eine Truppe von Soldaten den Western States marschiert sind. Viele, die in Olympic Valley gestartet waren, haben es nicht nach Auburn geschafft. Doch 1st Lt. Larry M. Hall, SP4 Gregory Belgarde, SGT Michael Paduano, SPC Jon Johanson, SGT David E. Lenau, und SGT Kenneth Kruzel haben die Strecke in 44:54 geschafft; PFC Michael Savage war nach 46:49 im Ziel. Formal waren diese Läufer alle über dem Cutoff, der beim Western States Endurance Ride / Tevis Cup damals noch 24 Stunden war. Aber sie waren die ersten, die tatsächlich die Strecke zu Fuß zurückgelegt haben. Die komplette Geschichte dazu gibt es auf Ultrarunning History.

 

Möchtet Ihr noch mehr über die Geschichte in der Umgebung des Western States lesen, dann geht es hier zur Geschichte des Forlorn Hope. 


 

Kommentare