Von Sabine
Am 26.10.2023 kündigte die UTMB World Series ein neues Event an: den Ultra Trail Whistler. Das erste UTMB Event auf kanadischem Boden. In der Ankündigung heißt es:
„In den vergangenen Monaten haben wir mit unseren langjährigen Partnern in Whistler Gespräche geführt, um eine UTMB World Series Veranstaltung zu veranstalten, nachdem im Februar angekündigt wurde, dass Whistler Alpine Meadow keine zukünftigen Veranstaltungen ausrichten würde. Wir danken dem Team hinter WAM für ihre enorme Rolle bei der Gründung und Unterstützung einer starken Trailrunning-Community in dieser Region. Es ist unsere Hoffnung, dass damit die Ultra-Trailrunning-Community weiter wächst“.
Und tatsächlich erinnert man sich: Anfang Februar hatten Gary Robbins und Geoff Langford, die Gründer von „Coastal Mountain Trail Running“, bekanntgegeben, dass es ab 2023 keine Austragung der Whistler Alpine Meadows (WAM) mehr geben wird:
„Mit großer Enttäuschung müssen wir bekannt geben, dass unsere WAM-Rennen offiziell abgesagt wurden und unsere Zeit in Whistler zu Ende ist. Wir werden in Zukunft keine weiteren Veranstaltungen innerhalb von Whistler durchführen. Nach sechs erfolgreichen Ausgaben des Rennens ist klar geworden, dass es für uns einfach keinen Weg mehr gibt, Rennen dieser Größenordnung im alpinen Gelände in Whistler durchzuführen.“
Viele hatten diese Entscheidung bedauert, aber man weiß auch: So ist es nun mal eben. Selbst beliebte Veranstaltungen „sterben“ manchmal – aus einem oder dem anderen Grund.
Doch wer steckt dahinter?
Doch jetzt, nach der Ankündigung der UTMB World Series, wird langsam klar, dass hier hinter den Kulissen ein „Foul Play“ im Gange war. Es war keineswegs so, dass WAM wirtschaftliche Probleme hatte, oder es Bedenken bezüglich der Sicherheit gab.
Gary Robbins hat nach der Verlautbarung der UTMB World Series einen Blogpost abgesetzt, der seine Sicht der Dinge darstellt. Ich kann an dieser Stelle jedem nur empfehlen, den Originaltext von Gary zu lesen.
Für diejenigen, die keine Zeit dafür haben, hier eine kurze Zusammenfassung:
Schon vor zwei Jahren hatte Gary bereits große Probleme mit den Verantwortlichen in Whistler/Blackcomb, die für die Veranstaltungsplanung in diesem Skiressort verantwortlich waren. Das Veranstaltungswochenende wurde ohne Rücksprache mit Gary bzw. Coastal Mountain Trail Running verschoben, und zunächst sah es danach aus, als sei lediglich eine bestimmte Person in der Verwaltung des Skiressorts Whistler verantwortlich zu machen. Im vergangenen Jahr konnte dann doch, nach großen Anstrengungen auf Seiten von Coastal Mountain Trail Running, die WAM Trail Runs durchgeführt werden – mit großem Erfolg. Man dachte, eine kurzfristige Krise bestanden zu haben. Doch während andere Veranstaltungen schon ihre Termine für 2023 in Whistler gesichert hatten, wurde Gary und Coastal Mountain Trail Running von den Verantwortlichen in Whistler hingehalten und schließlich „geghostet“: Die Verantwortlichen aus Whistler nahmen an vereinbarten Zoom-Calls nicht teil, es gab keinerlei Antworten auf e-mails und Gary wurde nur mit vagen Aussagen abgespeist. Irgendwann hieß es dann, der Anmeldungsprozess für Veranstaltungen habe sich geändert und daure mehrere Monate. Selbst darauf hätte man sich eingelassen, doch dann hieß es, dass das Rennen weder ausgeschrieben noch beworben werden dürfte, solange die finale Genehmigung seitens Whistler nicht vorliege. Es war offensichtlich, dass man versuchte, Coastal Mountain Trail Running und die WAM hinauszudrängen. Gary und Geoff mussten daher schweren Herzens die oben zitierte Absage veröffentlichen.
Als im Sommer 2023 schließlich die verantwortliche Person in Whistler gefeuert wurde, hoffte man seitens Coastal Mountain Trail Running auf einen Neuanfang. Vielleicht könnte man die WAM ab 2024 doch wieder durchführen?
Dann bekam Gary am 25.10.2023 eine private Nachricht von der UTMB World Series, mit der ihm vorab mitgeteilt wurde, dass man am nächsten Tag das eigene Event „Ultra Trail Whistler“ öffentlich ankündigen werde.
BÄM!
Plötzlich machte vieles Sinn hinter diesem ganzen verfahrenen Prozess mit den Verantwortlichen in Whister. Anscheinend hatte da eine andere Organisation im Hintergrund ihre Strippen gezogen, die einfach mehr Geld hat: UTMB-IRONMAN.
Und hier ist es wichtig, die Ausführungen von Gary Robbins in Übersetzung zu zitieren:
„Im Jahr 2021 wurden wir während der Pandemie von der IRONMAN-UTMB-Gruppe bezüglich eines möglichen Erwerbs unserer Squamish50-Rennen kontaktiert. Ich sagte, wir hätten kein Interesse. Ein Jahr später, im Jahr 2022, meldeten sie sich ein zweites Mal. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich zwei von mir sehr respektierte Rennleiter, die beschlossen hatten, ihre Rennen an sie zu verkaufen. Über eine verifizierte Quelle habe ich auch erfahren, dass zwei weitere hoch angesehene Rennleiter in den USA ebenfalls mit ihnen über eine mögliche Übernahme gesprochen haben. Geoff und ich machen den Job als Rennorganisatoren nun schon seit 11 Jahren. Die ersten 5 Jahre mussten wir kämpfen, um über die Runden zu kommen. Angesichts der einmaligen Gelegenheit, die sich uns bot, beschlossen wir [...] dass wir hören wollten, was sie uns zu sagen haben. Wir unterzeichneten eine NDA (Non-Disclosure-Aggreement = Verschwiegenheitsvereinbarung, Anm. d. Verf.) und hatten ein einziges Zoom-Meeting mit ihnen. Ich war darüber völlig hin- und hergerissen und kann nicht mit Sicherheit sagen, was wir getan hätten, wenn uns ein Angebot unterbreitet worden wäre. Vor allem würden wir niemals das, was wir aufgebaut haben, gefährden, indem wir zulassen, dass ein großes Unternehmen unsere Werte nicht respektiert. Bei dem einzigen Zoom-Meeting, das wir mit dieser Gruppe hatten, sagte ich daher, dass es auf meiner Seite „viele nicht verhandelbare Dinge“ gäbe, also unsere Community-Unterstützungsprogramme, unsere Programme zur Anerkennung von Freiwilligen usw. Die Antwort war einfach: Das müsse man ein anderes Mal besprechen. Das letzte, was wir von ihnen gehört haben, war Ende Juni: Man habe die Überlegungen zum Kauf des Rennens vorübergehend ausgesetzt.
Ich bin heute Morgen dankbar, dass IRONMAN-UTMB uns ihre wahres Gesicht gezeigt haben. Ich habe ihnen für kurze Zeit Vertrauen geschenkt, aber in meinem Herzen wusste ich es immer besser. Es ist mir peinlich, zugeben zu müssen, dass ich fast einen Fuchs in den Hühnerstall gelassen hätte. Ich habe das Gefühl, dass ich jedem einzelnen Menschen in unserer Gemeinschaft eine Entschuldigung schulde: Dafür, dass ich auch nur für den Bruchteil einer Sekunde geglaubt habe, dass die IRONMAN-UTMB Gruppe mit unserem Sport das Richtige tun könnte.“
Vor diesem Hintergrund klingen die Worte der UTMB World Series bei der Ankündigung des "Ultra Trail Whistler" einfach nur zynisch: "Wir danken dem Team hinter WAM für ihre enorme Rolle bei der Gründung und Unterstützung einer starken Trailrunning-Community in dieser Region." Denn es war ja wohl der UTMB, der eine enorme Rolle bei der Absage des WAM spielte.
Gary wäre nicht Gary, wenn er das kampflos hinnehmen würde. Er kündigte in seinem Post an:
„Ich möchte Euch jetzt mitteilen, dass Coast Mountain Trail Running offiziell unsere Absicht bekannt gibt, im September 2024 ein Rennen in British Columbia in direkter Konkurrenz zu dieser Veranstaltung zu veranstalten.
Können wir das kurzfristig hinbekommen? Wir haben bereits seit einigen Jahren eine Reihe möglicher neuer Veranstaltungen in Planung, aber hier gibt es noch viel zu tun. Unser Team wird mit Hochdruck alles auf die Beine stellen, um ein solches Rennen Realität werden zu lassen. Wir versprechen, bis spätestens 15. Januar 2024 etwas Konkretes bekannt zu geben.“
Mittlerweile haben schon viele derzeitige und ehemalige AthletInnen ihre Unterstützung für Gary ausgedrückt – darunter Meghan Hicks (IRunFar), Ellie Greenwood, John Kelly, Joe „Stringbean“ McConaughy, Jason Schlarb, Mike Foote, Leah Yingling, Jason Koop, Corinne Malcolm etc. Außerdem wurden Gary spontan Unterstützungsangebote anderer Veranstalter und Sponsoren zuteil.
Hier rückt die Trail-Community zusammen. Veranstaltungen aufzukaufen ist eine Sache. Ein schmutziger Verdrängungswettbewerb ist eine andere.
Was können wir hier tun? Das muss natürlich jeder und jede selbst entscheiden. Ich habe schon von Läufern gehört, die zum Rennen von Gary nach Kanada fliegen wollen. Meine persönliche Antwort auf diese Geschichte ist: Think global – run local – avoid UTMB. Spätestens ab diesem Punkt, sind für mich alle Rennen der UTMB-World Series tabu. Denn was Gary Robbins und dem WAM passiert ist, könnte auch anderen Rennen in Europa passieren ...
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