von Sabine
Beim Eiger Ultra gibt es Pflichtmaterial, das beim ganzen
Lauf mitzuführen ist. Mit diesem Material, dem einen oder anderen zusätzlich
mitgenommenen Teil und der Verpflegung werden wir pro Person locker auf 2kg
Zusatzgewicht kommen. Man mag über das eine oder andere Pflichtteil streiten –
aber verständlich sind solche vom Organisator herausgegebenen und streng
kontrollierten Bestimmungen schon, gerade wenn man z.B. an die Todesfälle beim
damals nicht reglementierten Zugspitz-Extremberglauf denkt.
Wenn wir also mindestens zwei Kilogramm mehr über die 2500
Höhenmeter bzw. 6700 Höhenmeter schleppen müssen, warum dann nicht mal
überlegen, ob wir nicht an unserem Lebendgewicht einsparen können. Zwar sitzt
das Hüftgold näher zur Körperachse und schwappt weniger hin und her als ein
Laufrucksack (bei letzterem bin ich mir nicht ganz so sicher). Aber spätestens nach
den diversen Geburtstags- und Konfirmationsessen, bei dem die Kalorien des sehr
leckeren Essens locker als Wettkampfverpflegung für den ganzen Eiger E101
reichen würden, hatte meine Frau genug.
Abb. 1: Ein kleiner Auszug von dem, was wir in den letzten
Wochen auf unsere Hüften gepackt haben.
Sie protokolliert jetzt die Kalorienaufnahme – der
Kalorienverbrauch wird ja eh schon über die Laufcomputer an unserem Handgelenk
protokolliert. Ziel ist: Input < Output. Höchste Zeit, nochmal darüber
nachzudenken, wie man das (Wett)kampfgewicht reduzieren kann …
Abb 2: Andrea beim Kalorienmessen. Macht so das Frühstück
noch Spaß?
Kalorienrestriktion
Ist das einfachste und älteste Konzept von allen. Recht
simpel, weil es davon ausgeht, dass der menschliche Körper so funktioniert wie
ein Motor: Dieser bringt eine bestimmte Leistung, und die zugeführten Kalorien
sind so was wie der Treibstoff. Wenn weniger Treibstoff zugeführt wird, geht
der Körper an seine Treibstoffreserven, und das ist nun mal das besagte
Hüftgold. Problem ist: Schon in diesem simplifizierten Bild ahnt man, dass im
Training und erst recht im Wettkampf dieses Konzept Nachteile haben könnte.
Denn meistens stottert der Motor, wenn er nicht genügend Treibstoff bekommt.
Also muss man dem Körper erst mal beibringen, an seine Treibstoffreserven zu
gehen, denn sonst ist man einfach nur müde und energielos.
Wenn man schon das Bild vom Motor bemühen will, dann ist der
menschliche Organismus eher wie ein Tanklaster voll mit Benzin, dem auf einer
Fahrt über Land der Tank leer geht. Er hätte mehr als genug an Energie in Form
von Benzin „hinten drin“, aber er braucht nun mal Diesel, und dieser (kleine) Dieseltank
ist leer. Unser Fett gleicht diesem riesigen Benzinreservoir – denn selbst bei
einem Körperfettanteil von nur 10% und einem Gewicht von 70kg würde die Energie
dieses Körperfetts ausreichen, vier Tage lang ohne Unterbrechung zu laufen,
ohne etwas zu sich nehmen zu müssen - denn 1kg Körperfett beinhaltet 7000 kcal
Energie. Wenn man denn nur an diese Reserven herangehen könnte …
Aber noch viel mehr macht dieses Modell des „Kalorien rein /
Kalorien raus“ den Fehler, jede Kalorie als gleichwertig zu betrachten. Dabei durchlaufen
unterschiedliche Stoffe – Kohlenhydrate, Fett und Protein – verschiedene
metabolische Pfade und lösen dabei ganz unterschiedliche hormonelle Reaktionen
aus. Zum Beispiel kommt es kurz nachdem man Kohlenhydrate zu sich genommen hat
– sei es Zucker oder Mehl – zu einem deutlichen Anstieg von Insulin. Und
Insulin sorgt dafür, dass die Kohlenhydrate in Fett umgewandelt und gespeichert
werden – wobei es gleichzeitig zu einer Normalisierung des Blutzuckerspiegels
beiträgt. Eine solche Insulinausschüttung ist nach dem Verzehr von Protein oder
Fett deutlich geringer. Interessanterweise wirken die unterschiedlichen
Nahrungsmittel aber nicht nur auf die Insulinausschüttung, sondern auch auf den
Ghrelinhaushalt. Ghrelin ist ein Hormon, das den Appetit beeinflusst – ein
hoher Ghrelin-Level sorgt für einen starken Appetit. Und während der Verzehr
von Kohlenhydraten den Ghrelin-Spiegel kurzfristig sinken lässt (Sättigung nach
1 Stunde), um dann innerhalb von 3 Stunden wieder stark anzusteigen, zeigt sich
nach dem Verzehr von Protein dieser Anstieg von Ghrelin nicht [Lomenick 2009] . Vereinfacht gesagt:
Protein macht länger satt als Zucker, Nudeln oder Brot.
Nicht alle Kalorien
sind gleich: GlyX & Co.
Kalorie ist also nicht gleich Kalorie, dazu ist unser Körper
zu komplex. Eine Studie von Bonnie Brehm und Mitarbeitern hat gezeigt, dass man
mit einer kohlenhydratarmen Diät bei gleichem Kaloriengehalt deutlich stärker
aber auch nachhaltiger abnehmen kann als mit einer fettarmen Diät.
Abb. 3.: Gewichtsentwicklung von Frauen, die sich einer
6-monatigen Low-Fat bzw. einer Low-Carb Diät unterzogen haben. Die Gewichtsabnahme
bei der Low-Carb Diät war deutlich stärker als mit der Low-Fat Diät. Aus [Brehm 2003]
Um dem Rechnung zu tragen, trotzdem aber ein
Bewertungsschema für die unterschiedlichen Nahrungsmittel vorzuhalten, hat man
den Glykämischen Index und die Glykämische Last eingeführt: Sie geben wieder,
wie stark der Insulinspiegel im Blut nach Aufnahme einer Standardmenge des
Lebensmittels insgesamt ansteigt. Die daraus resultierenden Diäten (Glyx-Diät
und ähnliche) schauen hauptsächlich auf den Glykämischen Index und nicht auf
die Kohlenhydrate. Der nahrungstechnische Bösewicht ist alles aus Zucker und
Weißmehl inclusive der resultierenden Back- und Kochwaren, Bier, einige
Reissorten, bestimmte Obstsorten (z.B. Bananen) und gekochte, „süße“
Wurzelgemüse wie Sellerie und Karotten.
Auch wenn GlyX ab der Jahrtausendwende durch Ernährungs- und
Fitnessmagazine geisterte und gegenüber der reinen Kalorienrestriktion (friss
die Hälfte, FdH) sehr viel besser die Antwort des Körpers auf das dargebotene
Lebensmittel berücksichtigt – bewährt hat sich der Parameter „Glykämischer
Index“ nicht. Schließlich futtern wir ja im Allgemeinen nicht einzelne
Lebensmittel, sondern ganze Mahlzeiten … und es gibt durchaus Wechselwirkungen
zwischen den Lebensmitteln. Wird zum Beispiel den Kohlenhydraten Fett zugefügt,
verzögert und dämpft das die Insulinantwort im Blut. Und auch die Zubereitung
(Kochen vs. roh essen, unterschiedliche Kochzeiten) verändert den Glykämischen
Index.
Zeitrestriktion statt
Kalorienrestriktion?
Es gibt nun noch einen Faktor, der bislang unberücksichtigt
blieb: Der Faktor (Tages)Zeit. Es gibt im menschlichen Körper eine innere Uhr,
den sogenannten circadianen Rhythmus. Viele Hormone werden nach dieser inneren
Uhr ausgeschüttet; andere Hormone dagegen, die primär mit der Nahrungsaufnahme
und –verstoffwechslung zusammenhängen, sind im Normalfall von der
Nahrungsaufnahme getriggert. Normalfall heißt dabei: Weder die Nahrungsmenge
noch die Zeit, in der die Nahrung bereitgestellt wird, sind eingeschränkt. Wenn
jedoch die bereitgestellte Energiemenge und die Zeit der Nahrungsaufnahme einer
Restriktion unterliegt, werden die Hormone von der Bereitstellungszeit der
Nahrung getriggert [Johnston JD, 2014].
Abb. 4: Regulation des circadianen Rhythmus durch Licht und Nahrung. Aus [Johnston JD, 2014].
So lange man die innere Uhr vor sich hinticken lässt und
nicht durch Nahrungsverknappung weiter stört, dann zeigt sie ganz interessante
Eigenschaften. So ist beispielsweise die Insulinantwort auf ein Nahrungsmittel
am Morgen am geringsten und am späten Abend bzw. in der Nacht am höchsten. Gibt
man einem Probanden eine kontinuierliche Infusion aus Zuckerlösung, dann
schüttet der Körper morgens deutlich weniger Insulin aus als später. Und das
bedeutet auch für die Mahlzeiten: Beim Frühstück ist weniger Insulin vorhanden,
um den Blutzucker als Fett in die Depots zu stopfen, während ein spätes
Abendessen vorwiegend „auf die Hüfte“ geht. Der Spruch, man möge „Frühstücken
wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler“ hat
also durchaus seine Berechtigung. Interessanterweise verhält sich die Stärke, mit
der das Insulinsystem auf die zugeführte Nahrung antwortet, genau wie die Kurve
von Melatonin, dem „Schlafhormon“ – und damit genau entgegengesetzt zum
Tageszeitverlauf von Cortisol, dem „Streßhormon“.
Abb. 5: Glukose im Blutplasma als Funktion von der Tageszeit
bei kontinuierlicher Glukoseinfusion. Der Anstieg der Glukosekonzentration im
Blutplasma am Abend ist ein Ausdruck der abnehmenden Glukosetoleranz. Aus [van Cauter, 1997].
Abb. 6: Kortisol, Melatonin und die Körpertemperatur im
Tagesverlauf. Aus [Hickie, 2013].
Hormone sind auch verantwortlich dafür, dass die einfache
Kalorienrestriktion irgendwann ins Leere läuft. Wenn man Probanden auf längere
Zeit hungern lässt, d.h. ihnen weniger Kalorien zuteilt als sie verbrauchen,
geht zwar ihr Körpergewicht zurück – gleichzeitig sinkt aber auch ihr
Grundumsatz. Das ist eigentlich kein Wunder, denn das Körpergewicht ist ein
Faktor, der den Grundumsatz bestimmt. Aber der Rückgang des Grundumsatzes ist
sehr viel stärker. In einer Studie von Darcy Johannsen und Mitarbeitern wurden
schwer übergewichtige Patienten (mittleres Gewicht von fast 149,2kg)
untersucht, die sich über 30 Wochen einer starken Kalorienrestriktion
unterzogen. In diesem Zeitraum nahmen sie zwar im Mittel 57,6kg ab – also mehr
als 1/3 ihres ursprünglichen Gewichts – aber gleichzeitig reduzierte sich ihr
Grundumsatz im Durchschnitt um 789kcal/Tag, und das ist sehr viel mehr als die
286 kcal/Tag, die auf das geringere Gewicht zurückzuführen wären. Der Rest –
ganze 503 kcal/Tag, ist auf die sogenannte metabolische Adaptation
zurückzuführen: Der gesamte Metabolismus läuft in einem Notfallmodus, und das
ist ein wesentlicher Grund für den JoJo-Effekt nach kalorienreduzierten Diäten [Johannsen 2012]. Denn selbst wenn die
Probanden die Kalorienreduktion durchhalten, ist irgendwann die Kalorienbilanz
nicht mehr negativ, nämlich dann, wenn die metabolische Adaptation die
eingesparten Kalorien übersteigt.
Der genaue hormonelle Mechanismus, die den Körper in den
Notfallmodus bringt, ist noch nicht aufgeklärt. Allerdings ist klar, dass der
Leptinrückgang (Leptin sorgt für ein Sättigungsgefühl) und die Veränderungen
bei den Schilddrüsenhormonen T3 und TSH mit diesem Effekt korreliert sind. Die metabolische
Anpassung an den Kalorienmangel scheint sich also auf der Achse zwischen
Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse abzuspielen.
Abb. 7: Grundumsatz (RMR) in Abhängigkeit vom Körpergewicht
vor (gefüllte Punkte) bzw. nach 30 Wochen Kalorienreduktionsdiät (konturierte
Punkte). Die Werte des gleichen Probanden sind mit einer Linie verbunden. Der
Grundumsatz nimmt bei allen Probanden unter der Diät deulich ab. Aus [Johannsen 2012].
Mach mal ‘ne Pause
mit dem Essen: Intermittierendes Fasten
Gibt es überhaupt einen Mechanismus, aus dieser
metabolischen Zwickmühle herauszukommen? Sicher kann zusätzliche Bewegung die
metabolische Anpassung kompensieren; allerdings dürften sich die Veränderungen
der Schilddrüsenhormone auch dahingehend auswirken, dass man sich eher weniger
zu sportlichen Aktivitäten aufraffen kann.
Seit kurzem macht nun ein neuer Trend die Runde, bei dem man
die Kalorienzufuhr nicht nur drosselt, sondern für kurze Zeiten komplett
abstellt: Intermittierendes Fasten. Dabei gibt es unterschiedliche Konzepte des
Intermittierenden Fastens: Entweder wird tageweise (jeden zweiten Tag oder an
einem oder zwei Tagen pro Woche) gefastet, oder die Nahrungsaufnahme auf wenige
Stunden pro Tag (maximal 8 Stunden, teilweise aber auch nur 4 Stunden wie bei
der „Warrior Diät“) beschränkt.
Schenkt man den Studien Glauben, die zum Intermittierenden
Fasten durchgeführt wurden, dann wirkt sich Fasten ganz anders aus als
Kalorienreduktion: Beim Fasten nimmt der Grundumsatz nicht ab, das heißt, der
Körper geht nicht in den Notfallmodus. Dies ist auf einen Anstieg von
Norepinephrin (=Noradrenalin) zurückzuführen. Zauner und Mitarbeiter zeigten in
einer Studie an Probanden, die sie 4 Tage komplett fasten ließen, dass
Norepinephrin signifikant von Tag 1 zu Tag 4 anstieg und sich dabei mehr als
verdoppelte (Tag 1: 1716 ± 574 mmol/l,
Tag 4: 3728 ± 1636 mmol/l).
Norepinephrin regt das Herz-Kreislaufsystem an und steigert den Grundumsatz –
und genau das konnte in dieser Studie auch gemessen werden, denn der Grundumsatz
stieg von 3.97 ± 0.9 kJ/min an Tag 1 signifikant auf 4.43 ± 0.9 kJ/min an Tag 4 an. Dieser Anstieg
ist zwar nicht dramatisch, aber der gegenläufige Trend zu den Veränderungen des
Grundumsatzes bei Kalorienrestriktion ist bemerkenswert [Zauner, 2000].
Von einigen Ernährungswissenschaftlern und Endokrinologen
wird dies so gedeutet, dass hier zwei unterschiedliche Mechanismen ablaufen,
die in der Evolution für das Überleben in Notzeiten entscheidend waren. Während
bei andauernder Kalorienrestriktion der Verbrauch gedrosselt wird, um möglichst
lange das Überleben zu ermöglichen, wird bei komplettem Ausfall der
Nahrungsquellen der Mensch durch Hochfahren des Grundumsatzes in die Lage
versetzt, Tiere zu jagen und damit wieder eine Nahrungsquelle herzustellen.
Da also beim Intermittierenden Fasten der Kalorienverbrauch
nicht gesenkt wird, kommt es zu guten Erfolgen bei der Gewichtsabnahme – in der
Studie von Zauner waren dies durchschnittlich 2,7 kg in 4 Tagen, was aber
sicher auch zu einem gewissen Anteil auf einen Flüssigkeitsverlust
zurückzuführen ist. Gleichzeitig reduzierte sich der Blutzuckerspiegel um fast
30% bis Tag 3, um dann stabil zu bleiben. Ebenso ging das Insulin von Tag 2 auf
Tag 3 um 20pmol/l zurück [Zauner, 2000].
Für Sportler interessant: Time Restricted
Feeding
Es ist also wohl klar, dass längere Fastenperioden von ³2 Tagen positive Wirkung haben.
Aber wie ist das mit anderen Fastenregimes? Hier ist für Läufer vor allem das Intermittierende Fasten im Tageszyklus interessant, welches auch als 16/8 (16
Stunden fasten, 8 Stunden essen) oder als Time Restricted Feeding (TRF)
bekannt ist – denn es ist anders als längere Fastenperioden auch mit
Ausdauertraining vereinbar.
Es gibt einige Tierstudien, die positive Effekte von TRF bei
einer Vielzahl von gesundheitsrelevanten Parametern zeigen. So konnte gezeigt
werden, dass TRF einen positiven Einfluss auf Tumorwachstum bei einer Vielzahl
bösartiger Tumore hat [Lee, 2012], aber auch entzündliche
Erkrankungen und Stoffwechselerkrankungen günstig beeinflusst, z.B. Multiple
Sklerose [Esquifino, 2007] oder Diabetes [Belkacemi, 2012]. Warum das so ist,
ist noch Gegenstand der experimentellen und klinischen Forschung.
Was man schon weiß ist, wie TRF den Stoffwechsel
beeinflusst. Wenn nach etwa 10 Stunden Fasten die schnell verfügbaren Glykogen-Speicher
in Muskel und Leber entleert sind (hier werden etwa 1500 bis 2000 kcal an
schnell verfügbarer Energiemenge gebunkert), kommt es zu einer Freisetzung von
Fettsäuren aus dem Fettgewebe ins Blut. Diese werden dann wiederum in der Leber
via b-Oxidation zu Acetyl-CoA
verstoffwechselt und in einem weiteren komplexen Stoffwechselweg zu
Ketonkörpern, die ins Blut abgegeben werden und die sowohl im Nervengewebe als
auch im Muskel die Blut-Gewebeschranke überqueren können und dort schließlich
zum Energieträger ATP umgebaut werden [Mattson, 2014]. Der therapeutische
Effekt von TRF beruht nun zum einen darauf, dass zum einen die meisten
Tumorzellen nicht in der Lage sind, Ketonkörper als Energielieferanten zu
verwerten. Außerdem werden proinflammatorische Zytokine wie der
Tumornekrosefaktor und Interleukin-6, die die Ausbreitung von
Entzündungsreaktionen modulieren, bei TRF in geringerem Maße gebildet werden als
normal [Kroeger, 2012].
Was bewirkt TRF aber bei der Gewichtsabnahme? Obwohl diese
Art der Nahrungsaufnahme zunehmend propagiert wird, gibt es kaum Untersuchungen
am Menschen. Wohl aber Tierversuche, die z.B. gezeigt haben, dass junge Ratten
weniger zunehmen, wenn sie eine bestimmte Kalorienmenge ausschließlich in einem
kleinen Zeitfenster zur Verfügung gestellt bekommen [Olsen, 2017]. Eine einzige Studie zur
Gewichtsentwicklung bei Bodybuildern, die sich teils einer normalen Diät und
teils einer TRF-Diät mit gleicher mittlerer Kalorienmenge unterzogen, ergab,
dass der Fettanteil am Körpergewicht unter einer 8-wöchigen TRF geringfügig,
aber signifikant zurückging. Gleichzeitig verbesserten sich die oben schon
genannten Entzündungsfaktoren. Eine Auswirkung auf den Grundumsatz hatte TRF
nicht, allerdings war das auch kaum zu erwarten, da es nicht mit einer
zusätzlichen Kalorienrestriktion verbunden war [Moro, 2016].
Die Schlussfolgerung: Mit Time Restricted Feeding wird man
sicher nicht eine vergleichbare Gewichtsreduktion erzielen können wie mit dem
echten Intermittierenden Fasten. Aber die positive Wirkung auf die Gesundheit
scheint belegt, und kleine Erfolge bei der Gewichtsreduktion, vor allem bei der
Reduktion der Fettmasse scheinen möglich zu sein. Außerdem ist diese Art des „Fastens“
recht gut mit dem normalen Alltag, aber auch dem Trainingsalltag vereinbar.
Aber ACHTUNG: Einen Haken gibt es bei der Sache doch: Wenn man TRF zur falschen
Uhrzeit betreibt, droht sogar eine Gewichtszunahme. Wenn also Menschen die
Nahrungsaufnahme zu sehr in die Nacht verschieben (oder man nachtaktive Nager
tagsüber füttert), bringt der starke Reiz der Nahrungsaufnahme auf den
zirkadianen Rhythmus die innere Uhr so sehr aus dem Takt, dass Fressattacken,
körperliche Inaktivität und Gewichtszunahme bis hin zur Adipositas die Folge
sind [Yasumoto, 2016]. Das ist wohl auch
ein Grund für die in Studien beobachtete Gewichtszunahme bei Personen, bei
denen aufgrund von Schichtarbeit der Tag/Nacht-Rhythmus und die
Nahrungsaufnahme auf den Kopf ist [Siqueria, 2016]. Und ein Grund dafür,
warum man Untersuchungen zum TRF nicht bei Muslimen während des Ramadans machen
kann, denn obwohl hier ein klassisches TRF vorliegt, findet auch dort die
Nahrungsaufnahme - aus ernährungsphysiologischer Sicht - zum falschen Zeitpunkt
statt.
Was lernen wir also aus dem ganzen?
- Friss-die-Hälfte alleine bringt es nicht.
- Nicht alle Kalorien sind gleich – es ist besser, Lebensmittel zu verwenden, die möglichst wenig Insulin-Spikes erzeugen.
- Intermittierendes Fasten ist hocheffizient – wenn man es denn nur durchhält.
- Time Restricted Feeding ist gesund – aber nur dann, wenn man tagsüber isst und nicht zu spät am Abend.
Und: Es ist noch sehr vieles NICHT erforscht – fast zu jeder
Studie gibt es eine Studie mit gegensätzlichem Ergebnis. Zwei Wissenschaftler –
drei Meinungen. Und es bleibt abzuwarten, ob der gegenwärtige Hype hinsichtlich
Intermittierendem Fasten und TRF nicht wieder abnimmt.
Außerdem: Vom Schreiben nimmt man nicht ab. Darum geh‘ ich
jetzt laufen.
See you on
the trails!
Hi, ich habe in diesem Jahr in der Marathonvorbereitung für den Mailand Marathon auch mal gezielt am Körpergewicht gearbeitet und zwar über Zuckerverzicht und Kohlenhydratkontrolle. Neben der Gewichtsabnahme kommt einem dieses Stoffwechseltraining auch auf den langen Wettkämpfen entgegen. http://www.sports-insider.de/23821/zuckerfrei-leben-erfahrungen-mit-dem-abnehmen-bei-der-zuckerfrei-challenge-x-paleo-ultra/
AntwortenLöschenVielen Dank für den Link zu Deinem Blog Post. Sehr gute Punkte machst Du da, auch bzgl. der versteckten Zucker. Und auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Bedürfnis, etwas Süßes zu essen, sehr davon abhängt, wie viel Süßes man tagtäglich isst. Man kann es sich vielleicht nicht ganz abtrainieren - dazu ist es wohl evolutionsbiologisch zu wichtig - aber zumindest reduzieren. Und ich denke, dass in den meisten Ländern der "Ersten Welt" genau das Gegenteil passiert: Das Bedürfnis nach Süßem wird gesteigert - und zwar gleichermaßen durch Zucker wie auch durch Zuckeraustauschstoffe.
LöschenDann wünsche ich weiter eine gute Gewichtskontrolle :-)