TRAILTICKER - Juli 2017

von Sabine







Wir befinden uns am ersten Saisonhöhepunkt: An jedem Wochenende gibt es inzwischen eine solche Vielzahl von Läufen, dass man sie kaum mehr verfolgen geschweige denn laufen kann. Aus deutscher Sicht war der Höhepunkt sicher der Zugspitz-Ultratrail (ZUT), international gesehen der Western States 100. Und die nächsten Läufe werfen bereits ihre Schatten voraus: Hardrock 100, Eiger Ultra Trail – und auch schon der UTMB. Der machte aber in den letzten Wochen eher wieder Negativschlagzeilen.




Starten wir deshalb in diesem Monat mit dieser Rubrik: Das Geschachere um UTMB Qualifikationspunkte geht weiter. Dieses mal allerdings mit einer schlagkräftigen Reaktion seitens des Hardrock 100. Ich habe die Entwicklungen bereits in einem eigenen Blogpost beschrieben und will das hier nicht mehr wiederholen. Ein sehr guter und umfassender Artikel ist auch auf Runners World zu finden.

Mittlerweile hat die ITRA ein Statement zum offenen Brief der Organisatoren von Hardrock 100 & co abgegeben, das aber meiner Meinung nach die eigentlichen Punkte nicht entkräften kann, sondern sich sehr im Formaljuristischen bewegt und damit an der Oberfläche kratzt.

Man wird sehen, wie die langfristigen Auswirkungen dieser Streitigkeiten sind – es sind ja nicht die ersten Querelen um den UTMB. Jedenfalls hat die Zahl der Qualifikationsläufe in Deutschland – vor allem durch diese Streitigkeiten – deutlich abgenommen: Waren es 2015 noch 13, 2016 immerhin noch 11, so sind es 2017 nur noch 5 Veranstaltungen, bei denen es Punkte zu ergattern gibt: Die beiden Saxoprint Trail-Veranstaltungen (Sachsen, Pfalz), der Hartfüssler Trail im Saarland, der Südthüringen-Trail sowie der kleine KoBoLT. Und nur letzterer durchbricht die magische Grenze von 5 ITRA-Punkten, die letztlich für die Teilnahme am UTMB selbst unabdingbar sind.

Andererseits wäre zu wünschen, dass sich die Vernunft durchsetzt und die Interessen und Personen in den Organisationen UTMB, ITRA und UTWT entflochten werden. Denn es wäre sehr schön, wenn sich auf Dauer ein Lauf etablieren könnte, der zu so etwas wie einer Ultra-Trail-Weltmeisterschaft taugt: Bei dem sich Jahr für Jahr die besten Ultra-Trailläufer der Welt treffen. Aufgrund der enormen Zunahme an Rennen verwässert nämlich das Spitzenfeld in den Läufen zunehmend und echte Zwei- oder Mehrkämpfe bleiben aus. Und die IAU/ITRA-Weltmeisterschaften können diese Lücke nicht wirklich schließen – sie finden ja meist auf Strecken zwischen 50 und 80km statt. Und der eigentlich interessante Ansatz des UTWT, durch eine Wettkampfserie mit unterschiedlich langen und schweren Läufen den besten „Allrounder“ zu suchen, wird – wahrscheinlich auch wieder aus kommerziellen Interessen – durch die zunehmende Zahl von Rennen in dieser Serie immer mehr verwässert. Damit nimmt die Gefahr zu, dass am Ende nicht der beste Allrounder gewinnt, sondern derjenige, der sich die Rennen mit den schwächsten Konkurrenten ausgesucht hat.




Im Juni gab es viele Höhepunkte auf dem Trail.

Der erste stand gleich am zweiten Juniwochenende an: Der Zugspitz Ultratrail. Obwohl das Event nach der längsten Strecke benannt ist, besteht es eigentlich aus 5 verschiedenen Wettkämpfen mit unterschiedlicher Streckenlänge und Höhendifferenz – angefangen vom Basetrail über den Basetrail XL, den Supertrail, Supertrail XL bis hin zum namensgebenden Ultratrail, der dann wirklich ganz um die Zugspitze herumführt. Auf der Strecke des Supertrail XL von Ehrwald nach Grainau fand dieses Jahr auch die Deutsche Meisterschaft der Deutschen Ultramarathon Vereinigung (DUV) in der Disziplin Ultratrail statt. Hier siegten Markus Mingo (Team Gamsbock), der schon in den Vorjahren bei den kürzeren Strecken des ZUT gute Ergebnisse erzielen konnte, bei den Herren und die Münchnerin Eva Sperger bei den Damen. Allerdings lag trotz dieses nationalen Titelkampfs die Hauptaufmerksamkeit bei der längsten Veranstaltung, dem Ultratrail. Hier drückte zunächst einmal der Schweizer Walter Manser ordentlich aufs Tempo, dem der Vorjahressieger Thomas Farbmacher schon bald nicht mehr folgen konnte, da er unter heftigen Magenproblemen litt. Aber obwohl sich Farbmacher praktisch ausschließlich von Cola ernähren und immer mal wieder einen „Boxenstop“ einlegen musste, gelang ihm kurz vor Mittenwald der Anschluss an Manser, welcher schießlich nicht mehr dem Tempo von Farbmacher folgen konnte. Und so schaffte Thomas Farbmacher trotz der Widrigkeiten das fast unmögliche: Er wiederholte als erster Läufer seinen Vorjahressieg beim ZUT, dieses mal mit über einer halben Stunde Vorsprung auf Walter Manser, der wiederum im Ziel um eine ganze Stunde schneller war als der Dritte, der Franzose Jonathan Thery. Wenn man aus diesem Lauf von Thomas Farbmacher eine Lehre ziehen kann, dann ist es: Auch bei Magenproblemen muss man nicht gleich aufgeben – ein Ultra ist lange genug, dass man das Blatt wenden kann, wenn man nur den Tiefpunkt durchsteht. Bei den Frauen gewann die junge Esslingerin Lisa Mehl (Gore) mehr als deutlich – mit über einer Stunde Vorsprung – vor der Schweizerin Denise Zimmermann und Basilia Förster (Neuried), welche im Mai noch Zweite auf dem Rennsteig geworden war. 

Für die, die auch mal sehen wollen, wie es um die Zugspitze so aussieht: hier ist der offizielle Eventclip dieser Veranstaltung, und die vollständigen Ergebnisse findet man hier.


Eine Woche nach dem ZUT fand der Western States Endurance Run  statt – oder auch „Statesmas“, wie die US-amerikanischen Ultraläufer ihren „Granddaddy of Ultrarunning“ gerne nennen. Wie immer mit großem Aufgebot an Spitzenläufern. Bei den Männern war Jim Walmsley der haushohe Favorit – und an vielen Stellen hörte man die Einschätzung, dass der einzige, der Jim Walmsley schlagen könnte, Jim Walmsley selbst ist. Und Jim Walmsley fuhr wirklich – eigentlich eher untypisch im Trail- und Ultrarunning – mit jeder Menge Medienzirkus, Interviews in der Woche vor dem Rennen (wo sich andere eher zurückziehen) und vor allem mit Smack Talk auf, dass es einem kalt den Rücken herunterlief. In seinem Pre-Race Interview mit IRunFar ließ er nicht nur jeden Respekt vor seinen Mitläufern und den Konkurrenten des vergangenen Jahres vermissen, sondern auch Respekt vor den Streckenbedingungen. Die waren in diesem Jahr nicht gut – denn es war seit langem mal wieder ein berüchtigtes „Fire and Ice Year“. Der Jahrhundertwinter hatte in der High Sierra ordentliche Schneemassen abgeladen, und trotz Hitze waren diese noch nicht vollständig geschmolzen. Dort, wo sie geschmolzen waren, hinterließen sie einen Sumpf, der den Läufern im wahrsten Sinne des Wortes die Schuhe auszog. Und in den Canyons wiederum war es über 40 Grad heiß. Ähnliche Bedingungen – die Kombination aus Schnee in der Sierra Nevada und höllenheißen Canyons – gab es zum letzen mal 1995 und 2013. Erwartungsgemäß zeichneten sich diese Jahre durch eher langsame Siegerzeiten aus. 

Jeder, der einmal einen Marathon oder ein längeres Trailrennen bei widrigen Wetterbedingungen gemacht hat weiß, dass man diesen Bedingungen am besten gleich von Anfang an sein Renntempo anpasst. Nicht so Jim Walmsley. Er tönte in allen Interviews, die er in der Woche vor dem Western States gab, dass es sein Ziel sei, den Kursrekord zu brechen (er steht gegenwärtig bei 14:46:44), und zwar auf unter 14 Stunden. Zweifelsohne hat er eine unglaubliche Schnelligkeit, aber Schnee, Schlamm und Hitze wollen von seinem Körper auch erst mal bewältigt werden. Umso kritischer war diese Einstellung, weil sich in seinem Gefolge mehr als eine Hand voll Läufer befanden, die ebenfalls um den Sieg mitlaufen konnten, und auf jede Gelegenheit lauerten, dass Jim Walmsley an Jim Walmsley scheitert: Jeff Browning (Dritter 2014 und Dritter 2016), Ryan Sandes (Zweiter 2012 und Fünfter 2014), Thomas Lorblanchet (Fünfter 2015 und Vierter 2016), Chris Mocko und Tofol Castanyer. 

Auf die Frage, ob er denn wohl tatsächlich den Streckenrekord auf unter 14 Stunden senken wolle, bekam Ryan Sandes am Start von Walmsley die Antwort „Yeah, Baby“. Dieser Walmsley schoss dann auch auf die Strecke hinaus, als gäbe es kein Morgen. Schon bei Red Star Ridge (Meile 16) hatte er auf den Zweiten einen Vorsprung von 25 Minuten. Diesen baute er bei dem Lauf durch die glühend heißen Canyons auf 54 Minuten in Michigan Buff (Meile 56) aus. Danach rieben sich jedoch die Zuschauer verwundert die Augen: Auf den wenigen Meilen nach Forrest Hill konnte Walmsley den Vorsprung nicht mehr weiter ausbauen, und die Fotos von dort zeigten ihn sehr viel weniger locker als noch im Jahr zuvor. Was nur sein Team wußte: Er konnte schon seit einigen Meilen nichts mehr bei sich behalten. Ein bekanntes Phänomen, wenn man sich in Hitze überlastet: Der Magen wird zum eigenen Feind. So wurde auch das Tempo von Walmsley beim Weg zum Rucky Chucky River Crossing bei Meile 78 immer langsamer, und schließlich kam von Rucky Chucky die Nachricht, dass er das Rennen aufgegeben habe. Man muss sagen: Für die lauten Töne, die Walmsley vor den Western States 2016 und 2017 gespuckt hat, ist das Ergebnis ernüchternd: Platz 21 im Vorjahr und ein DNF in diesem Jahr. Man kann nur hoffen, dass in diesem Jahr sich nicht die Medien nur mit dem Scheitern von Walmsley beschäftigen, sondern auch mit denen, die das Rennen mit sehr viel mehr Verstand und weniger Arroganz angegangen sind. Allen voran mit dem Sieger.

And the winner is: Ryan Sandes! „Sandman“ ist nach dem 2. Platz 2012 (hinter Kilian Jornet) und dem 5. Platz 2014 in diesem Jahr ein klug eingeteiltes Rennen gelaufen – und als Walmsley bei Meile 78 wegen seines Magens resignierte, war er da. Er hatte im letzten Viertel des Rennens sogar noch so viel Kraft, den gefährlich schnellen und ebenso klug laufenden Alex Nichols konstant auf Abstand zu halten. Ein verdienter Sieger – und mit der Zeit von 16:19:37 zeigte er, was in diesem Jahr tatsächlich machbar war. Alex Nichols kam auf Platz 2, musste ich aber auf dem letzten Streckenteil dem immer schneller werdenden Mark Hammond erwehren. Mark wer? Mark Hammond, Startnummer 202. Wer sich beim Western States auskennt weiß, dass eine dreistellige Startnummer bedeutet, dass der Läufer nicht zur etablierten Elite gehört – er hat sich weder über die Top 10 des Vorjahres qualifiziert noch über die Golden Ticket Races und ist auch kein Teilnehmer an der Ultra Trail World Tour. Er wurde „einfach“ ausgelost. Umso beachtlicher das Rennen von Hammond – in der Anfangsphase war er noch außerhalb der Top 10, um dann bei Devils Thumb (Meile 48) erstmals mit Platz 7 unter den Besten aufzutauchen – und bis  Rucky Chucky hatte er sich auf Platz 3 vorgekämpft. Und dann hatte er noch Kraft, Alex Nichols immer wieder zu attackieren. Ein super verdienter dritter Platz!

Bei den Frauen spürte man in den Pre-Race Interviews den Respekt vor der Strecke und den Streckenbedingungen noch viel mehr als bei den Männern. Vielleicht noch am wenigsten bei Camille Herron, der Siegerin des diesjährigen Comrades Marathon. Ob die zeitliche Distanz zwischen Comrades und Western States (gerade mal 3 Wochen) zu gering war, der Respekt vor der Strecke doch nicht groß genug, ob Camille Herron einfach den Umstieg von der Straße auf den Trail noch nicht wirklich vollzogen hat oder ob sie immer noch an ihren Überlastungsverletzungen, die ihr schon beim Comrades das Leben schwer machten, litt – sie stieg schon im ersten Viertel des Rennens aus. 

An der Spitze des Frauenfelds sah man dagegen eine Läuferin, mit der die US amerikanischen Experten nicht wirklich gerechnet hatten: Andrea Huser. Aber dennoch entbehrte die frühe Führung nicht einer Logik – denn die Berg-erprobte Schweizerin fühlte sich natürlich gerade in den widrigen Bedingungen der High Sierra pudelwohl. Schwierig wurde es dann für sie, als es durch die mehr als 40° heißen Canyons ging und der Trail irgendwann kein Trail mehr war, sondern eine staubige und heiße Waldautobahn. Dann fiel sie Platz um Platz zurück, dachte auch mal ans Aufgeben, aber schaffte es dann trotzdem noch auf Platz 10 – für sie ein super Ergebnis. Auch eine zweite Europäerin überraschte: Ildiko Wermescher, die ungarisch-deutsche Starterin, die den umgekehrten Weg nahm – von Platz 15 bei Red Star Ridge (Meile 16) arbeitete sie sich sukzessive nach vorn, und obwohl auch sie eine Alpin-Spezialistin ist und auf dem Weg nicht alles optimal lief (so bildeten sich bei ihr schon nach 20 Meilen Blasen an den Füßen, und dann musste auch noch ihr Pacer und Mann, Otto Wermescher, nach wenigen Kilometern wegen Krämpfen seinen Dienst quittieren) schaffte sie es schließlich auf Platz 8. Wohlgemerkt: Im stolzen Alter von 52 Jahren! Und für sie wird der Western States nicht nur wegen des guten Abschneidens unvergesslich bleiben, sondern auch weil kurz nach Meile 85 plötzlich ein Mountain Lion – einer der berüchtigten Pumas – vor ihr auf dem Weg stand. Geistesgegenwärtig lief sie zur vorherigen Verpflegungsstation zurück – die Augen immer auf den Puma gerichtet – und traf dort einen männlichen Läufer samt Pacer, und in dem Trio wagte es Wermescher ein zweites mal. Mit Erfolg!

Übrigens war Ildiko Wermscher nicht die älteste in den Top 10: „The Queen“, Megan Arbogast bzw. inzwischen Megan Laws schaffte es nach einem eher langsameren Start am Ende noch auf Platz 9. Es war bereits ihr zehntes Finish in den Top 10 – und ihr elftes Finish bei diesem Lauf überhaupt!

Nun aber zur absoluten Spitze bei den Damen: Im Vorfeld hatte man viel spekuliert, wer von den drei Titelgewinnerinnen denn nun den Titelgewinn wiederholen könnte – waren doch mit Stephanie Howe-Violett, Magda Boulet und Kaci Lickteig die Siegerinnen der Jahre 2014 – 2016 mit im Rennen. Aber dann kam es ganz anders: Magda Boulet legte ein sehr konstantes Rennen ohne ersichtliche Höhen und Tiefen hin und landete schließlich – auf Platz 2. Für Stephanie Howe-Violett lief es von Anfang an nicht sehr gut – dennoch kämpfte sie sich durch und erreichte schließlich Platz 12. Und Kaci Lickteig, die Vorjahressiegerin, startete gut und lief in der ersten Streckenhälfte fast immer in der Gruppe mit Magda Boulet. Doch dann bekam sie Atemprobleme und fand sich im starken Feld der Frauen in Foresthill plötzlich nur noch auf Platz 8 wieder. Als sie sich dann gerade wieder erholt hatte, blieb sie mit ihrem Knie an einem umgestürzten Baum hängen – und auch wenn sie daraus keine bleibende Verletzung zog, waren plötzlich ihre Atemprobleme wieder da. Bei Rucky Chucky war sie auf Platz 17 durchgereicht worden und dachte ernsthaft ans Aufgeben. Aber die Ermutigung einer anderen Läuferin brachten sie dazu, nicht aufzugeben, sondern trotz aller Schwierigkeiten bis zur Ziellinie durchzulaufen und zu gehen – sie erreichte Auburn 2 Minuten nach dem 24-Stunden Cutoff. Die Geschichte ihres Laufs erzählt sie aber am besten selbst, nachzuhören z.B. bei Ultra Runner Podcast. Für sie war die Startnummer F1 (= Vorjahressiegerin) die Verpflichtung, trotz der Widrigkeiten und der Aussichtslosigkeit, einen der vorderen Plätze belegen zu können, nicht aufzugeben, sondern sich durchzukämpfen – sie belegte am Ende Platz 16 bei den Damen. Dann war da noch Yiou Wang, im Vorjahr auf Platz 13 gelandet, die sich über eines der Golden Ticket Races ihren Startplatz gesichert hatte. Yiou Wang ist als eine Läuferin bekannt, die meist vom Start an ein ordentliches Tempo vorlegt. Und als das Parade-Teilstück von Andrea Huser (die High Sierra) hinter ihr lag und sie nach hinten durchgereicht wurde und nach dem Ausscheiden der ebenfalls für einen schnellen Start bekannten Camille Herron, da war es Yiou Wang, die sich an die Spitze des Feldes setzte, und die diese Spitzenposition bis nach Forrest Hill und dann auch noch über die California Street bis kurz vor Rucky Chucky verteidigte. Dann war aber auch für sie das Rennen zu Ende – sie hatte ernsthafte gesundheitliche Probleme, die sie selbst mit Hyperventilation und Taubheitsgefühlen beschrieb. 

So weit die Favoriten. Dann war da noch eine Cat Bradley, Läuferin mit Startnummer 204. Wie oben schon geschrieben bedeutet eine dreistellige Startnummer, dass man nicht in das Feld der Favoriten gehört. Und so nahm man sie zunächst nicht wirklich wahr, als sie schon nach dem ersten Viertel der Strecke in den Top 10 auftauchte. Bei Devils Thumb war sie sogar schon auf Platz 4. Und spätestens, als sie in Forrest Hill als zweite Läuferin nach Yiou Wang einlief, musste man doch nochmal einen Blick auf ihre bisherigen Leistungen werfen. Und siehe da: Sie war im letzten Jahr Erste beim Rio Del Lago 100 Miler und in diesem Jahr Siegerin des 100km The Canyons Endurance Run. Nach der Rennaufgabe von Yiou Wang lag Cat Bradley plötzlich auf Platz 1. Und sie verteidigte diesen ersten Rang, obwohl die sehr viel erfahrenere Magda Boulet auf den letzten 22 Meilen von hinten her ordentlich Druck machte. Nach 19:31:30 überquerte sie schließlich die Ziellinie in Auburn – das war zwar die langsamste Zielzeit seit 2000 (Ann Trason), aber das war zum einen bei den Männern nicht viel anders (wo Ryan Sandes die langsamste Zeit seit 2009 lief) und außerdem unterstreicht das nochmals, wie schwierig die Bedingungen in diesem Jahr waren und wie voll Jim Walmsley seinen Mund genommen hatte, als er selbst am Start noch verkündete, den Rekord um mehr als 45 Minuten verbessern zu wollen. 

Und wie erging es den „Seniors“ bei den Läufern – es waren ja immerhin 3 LäuferInnen über 70 Jahren für den Lauf gemeldet. Gordon Ainsleigh (Alter 70) hatte kurzfristig in Squaw Valley angesichts der Bedingungen auf der Strecke seine Startnummer an einen anderen Läufer weitergegeben. Und sowohl für Gunhild Swanson (72) als auch für Wally Hesseltine (73) war leider schon sehr früh Schluss – der Schnee und Matsch führte dazu, dass sie die Cutoffs nicht erreichten. Aber es war dann doch die älteste Finisherin des Laufs, die 61 jährige Karen Bonnett-Natraj, die den Western States bis zum Schluss spannend hielt – sie kam in guter alter Gunhild-Swanson-Manier in der letzten Minute des Rennens, um 29:59:51, also 9 Sekunden vor dem Cutoff, ins Ziel. Well done!

Den offiziellen Film vom Western States Endurance Run gibt es hier, ein weiterer Film, für den der Schuhhersteller Altra verantwortlich ist, ist hier zu finden. Die vollständigen Ergebnisse inclusive der Splits findet man auf der Seite von ultralive.net.


Was gab es sonst noch? Bei der Weltmeisterschaft im Ultra Trail Lauf, die in diesem Jahr gemeinsam von der IAU und der ITRA in Badia-Prataglia, im Norden der Toskana, auf einer relativ kurzen und nicht zu technischen Strecke ausgetragen wurde, starteten zunächst einmal die Läufer aus dem Team USA sehr stark: Nach 9 km der Strecke führte Andy Wacker, Cody Reed war auf Platz 4, Hayden Hawks auf Platz 7 und David Roche auf Platz 10. Zwischen Kilometer 19 und 29 veränderte sich aber das Bild: An der Spitze waren jetzt Cédric Fleureton (FRA) und Luis Alberto Hernando (ESP). Erst auf dem technisch schwierigen Terrain nach Kilometer 38 übernahm Luis Alberto Hernando die Führung, die er bis ins Ziel nicht mehr hergab. Cédric Fleureton, der erst vor kurzem vom Triathlon zum Ultrarunning gewechselt hatte, hatte dagegen in den letzten Kilometern mit Krämpfen zu tun und musste dann Christopher Clemente (ESP) an sich vorbeiziehen lassen, der das Rennen langsam gestartet war und aus den 30ger Rängen bis auf Platz 2 im Ziel nach vorn lief. Ihm war es unter anderem zu verdanken, dass Spanien bei den Männern die Mannschaftswertung vor Frankreich und den USA gewann. Bester Deutscher wurde Janosch Kowalczyk vom TSV Höfingen. 

Bei den Frauen ging es hochspannend her: Adeline Roche (FRA), anfangs zusammen mit Ladia Albertson-Junkans (USA) sehr zügig gestartet, hatte nach etwa der Hälfte der Strecke die alleinige Führung übernommen, auf Platz 2 mit maximal 2 Minuten Rückstand Amandine Ferrato (FRA). Magenkrämpfe machten allerdings den Vorsprung von Roche zunichte, und Ferrato konnte sie bis zum Ziel fast noch einholen. Fast – denn im Ziel trennten die beiden gerade mal 3 Sekunden. Dritte wurde die Italienerin Silvia Rampazzo. Durch den fünften Platz der Französin Nathalie Mauclair gelang dem Französischen Team auch, die Goldmedaille in der Teamwertung zu gewinnen vor den Teams aus Italien und Spanien. Beste Deutsche in der Einzelwertung war Elizabeth Flanderer (TG Victoria Augsburg) auf Platz 10. 

Die vollständigen Ergebnisse sind hier zu finden.


Und dann gibt es einen neuen Ultra Trail Lauf in Tirol, lokal organisiert aber unter dem Banner der Münchner Agentur Plan B, die bei Läufern sehr gute Noten vor allem für die enorm abwechslungsreiche Strecke bekam: Der Stubai Ultratrail. Bei diesem Lauf muss man auf den  62,5 Kilometern gut 4700 Höhenmeter im Anstieg bewältigen. Dabei ist die Streckenführung ganz nach dem Motto des Laufs „urban2glacier“ gestaltet: Gestartet wird das Rennen vor dem „Goldenen Dachl“ in der Altstadt von Innsbruck, dann führt der Weg am Bergisel vorbei ins Stubaital hinein. Danach geht es hoch zur Starkenburger Hütte, wieder hinunter ins Tal nach Neustift, über den abwechslungsreichen Wildwasserweg bis hin zum Schlussanstieg auf den Stubaigletscher, wo das Rennen beim Bergrestaurant Jochdohle auf über 3000 Metern endet (in diesem Jahr musste der Anstieg allerdings witterungsbedingt leicht verkürzt werden). Aber auch die Startzeit ist extravagant: Gestartet wird mitten in der Nacht um 1 Uhr. Also ein durchweg besonderer Lauf, der allerdings nichts ist für ausgesprochene „Downhiller“, denn er hat deutlich mehr Höhenmeter im Auf- als im Abstieg. Von Läufern, die bei dieser Premiere dabei waren, hörte man durchweg Gutes: Schöne Strecke, gute Organisation, hervorragende Verpflegungsstellen. Und mit 17 Stunden Zeitlimit erscheint der Lauf auch für Genussläufer machbar. Die erste Austragung des Stubai Ulratrails gewann der Österreicher Philipp Brugger mit nur knapp 4 Minuten Vorsprung vor Daniel Kraus aus Farchant. Bei den Frauen siegte die Polin Natalia Tomasiak deutlich. 

Ein netter kurzer Film zum Lauf findet man bei youtube, die vollständigen Ergebnisse sind hier zu finden.




Im Vorfeld des diesjährigen Western States Endurance Run war das mediale Wirbel um Jim Walmsley sehr groß – eher zu Unrecht, wie man jetzt weiß. Hier dennoch die beiden Filme, die über ihn in der Woche vor dem Rennen herauskamen: Zum einen der 48-minütige Film „Found on 49 – The story of Jim Walmsley“ von Summit Love Productions und Jamil Coury und die kürzere Dokumentation des amerikanischen Outdoor Magazins OUTSIDE „How one wrong turn changed Jim Walmsley’s career“.

Schon etwas älter ist eine sehr sehenswerte Dokumentation über den Rekordlauf von Francois d‘Haene auf dem korsischen GR20, die man auf im Video-Kanal der bekannten Koffein-Taurin Brause sehen kann: „Crossing Corsica – The GR20 trail quest“.

Faszinierende Bilder von Ultra-Wettbewerben zeigen zwei weitere Kurzfilme: Der Film über Wettkampf und Landschaft des UTMB 2016 mit dem Titel „Amazing UTMB from the sky“ von FullCourseTrails. Und ein Film, der das Dragon’s Back Race 2017 aus Sicht des Teams Endurancelife dokumentiert.

Und schließlich für die, die weniger die Ultra-Trails als brutalstes Sky-Running interessiert: Seit 1915 findet (fast) Jahr für Jahr am amerikanischen Unabhängigkeitstag in Seward, Alaska das „Mount Marathon Race“ statt, ein Lauf auf den 900 Meter hohen Mount Marathon über steile Bergflanken und Geröllfelder. Als 2015 Emelie Forsberg und Kilian Jornet einen neuen Rekord bei Frauen und Männern aufstellten, geriet dieser Lauf auch außerhalb Alaskas etwas mehr in den Fokus des Interesses; zusätzlich bekannt gemacht hat der Film von Salomon dieses Rennen. Am 4. Juli 2017 fand nun die 90. Austragung dieses Rennens statt – und KTVA, die CBS-affiliierte Fernsehstation aus Alaska zeigt das Rennen der Männer  und das Rennen der Frauen in voller Länge.




Welche Ultra- und Trailläufe sind im Juli besonders interessant? Da gibt es einige, die sicher interessant zum anschauen sind, aber auch welche, zu denen man sich auch jetzt noch anmelden kann:

ZUM ANSCHAUEN:

10.-12. Juli 2017: Badwater Ultramarathon. Er gehört eigentlich nicht in die Kategorie der Trailläufe, denn er führt ausschließlich über Asphalt, und zwar über sehr heißen Asphalt. Aber es ist einer der Ultramarathon-Klassiker, an dem man kaum vorbeikommt. Wie sich das Rennen entwickelt, kann man am besten verfolgen, wenn man immer mal wieder den LiveCast aktualisiert. Außerdem gibt es regelmäßige Updates unter dem Twitter-Handle @badwater.

14.-16. Juli 2017: Hardrock 100. Einer der bekanntesten Trail-Ultraläufe überhaupt, sicher auch einer der schwierigsten. Am dritten Juliwochenende geht es für 145 Läufer und Läuferinnen auf den 100 Meilen langen Kurs durch das San Juan Gebirgsmassiv in den Rocky Mountains, bei dem über 10000 Höhenmeter zu bezwingen sind. Dieses Jahr sind die Sieger des Vorjahrs, Kilian Jornet, Jason Schlarb und Anna Frost ebenso dabei wie die High-Potentials Mike Foote und Adam Campbell bei den Männern und Darcy Piceu, Caroline Chaverot und Nathalie Mauclair bei den Damen. Der Clou: Man kann die Läufer durch GPS-Tracking während des Rennens verfolgen, und zwar hier. Das funktionierte im Vorjahr recht gut, auch wenn es hier und da „weiße Flecken“ gab, die vom Signal nicht abgedeckt sind und weshalb es manchmal erschien, als hätten die Läufer aufgegeben. Wer nur die Zwischenzeiten verfolgen will, kann das hier tun.

15.-16. Juli 2017: Eiger Ultra Trail. Wer noch nicht angemeldet ist, kann hier bestenfalls zuschauen, denn alle Strecken (E101, E51, E35 und E16) sind ausgebucht. Allerdings hat auch der Eiger Ultra Trail für diejenigen, die am Bildschirm zusehen wollen, aufgerüstet: Auch hier gibt es ein GPS Tracking für die Läufer und Läuferinnen des E101, für alle anderen gibt es zusätzliche Zwischenzeiten. Die Links fürs Tracking gibt es hier. Wir waren bei der Anmeldung schnell genug und sind dabei!!


ZUM MITLAUFEN:

28. -30. Juli 2017: Swiss Alpine, Swiss Irontrail, Swiss Trail: Die 1986 erstmals gestartete Traditionsveranstaltung Swiss Alpine und die erst fünf Jahre alte Veranstaltung Swiss Irontrail haben in diesem Jahr ihre Kräfte gebündelt und veranstalten beide Rennen sowie die neu geschaffene Swiss Trail Serie zum gleichen Zeitpunkt am letzten Wochenende im Juli. Das schöne: Man kann sich immer noch anmelden, und zwar für alle Wettbewerbe. Wer für das letzte Juliwochenende irgendeinen Traillauf der Länge zwischen 21 und 214 km sucht, wird auf der Seite des Veranstalters sicher fündig.

29.-30. Juli 2017: Walser Trail Challenge: Mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Trailrunning sollten vielleicht die Wettkämpfe etwas mehr in den Fokus rücken, die von Vereinen oder  kleinen Veranstaltern organisiert werden und daher ein deutlich familiäreres Flair aufweisen als die Veranstaltungen der großen Trail-„Konzerne“. Die Walser Trail Challenge ist eine solche Veranstaltung: sie wird vom Tri-Team Kleinwalsertal organisiert. Es gibt an diesem Wochenende 3 Läufe – am Samstag den Widderstein Trail (15km, 980 Höhenmeter) quasi zum „Einrollen“ – und dann kann man am Sonntag zwischen Walser Trail (29km, 1900 Höhenmeter) und Walser Ultra Trail (65 km, 4200 Höhenmeter) wählen. Ergibt zusammen mit dem Widderstein Trail die Walser Trail Challenge Classic oder Walser Trail Challenge Pro. Natürlich kann man alle Läufe auch einzeln laufen! Das Teilnehmerlimit ist bis jetzt noch nicht erreicht, noch kann man sich hier anmelden.

Vorschau: 5./6. August 2017: Gondo Marathon. Nein, das ist kein einfacher Marathon – es ist ein Doppelmarathon, den es hier zu laufen gilt. Früher hieß die Veranstaltung „Gondo Event“ und wurde zum Gedenken an die Opfer des Bergrutschs aus dem Jahr 2000 ins Leben gerufen. Die Veranstaltung 2017 ist die insgesamt 16. Austragung. Die Strecken entlang und in der Umgebung des alten Stockalperwegs sind sehr schön, sind größtenteils Single-Trails und die Veranstaltung ist sehr familiär gehalten. Und wie es sich für eine familiäre Veranstaltung gehört, kann man sich immer noch anmelden. Details findet man auf der Homepage des Gondo Marathons.




Immer mehr Wettkämpfe haben Listen mit obligatorischem Material, das der Läufer oder die Läuferin mit auf die Strecke nehme muss. Selbst wenn das nicht so ist: Oft ist es einfach sinnvoll, ein paar Kleidungsstücke, Ausrüstungsgegenstände und Dinge für den Notfall mitzunehmen. Aber was nimmt man mit, damit alles Wesentliche dabei ist, man aber auch nicht wie ein Packesel über den Trail kriecht? Michael Arend zeigt in einem Video, wie man seinen Rucksack richtig packt. Sicher geht er hier und da ans Minimum und – wie er selbst auch erwähnt – seine Auswahl der Ausrüstungsgegenstände ist eher etwas für die schnellen Läufer, die aufgrund ihrer Schnelligkeit weniger Material brauchen als langsame Läufer (z.B. weil sie nicht in die Nacht kommen). Trotzdem sehenswert auch für die langsamen Läufer, da diese oft dazu neigen, zu viel mit auf die Strecke zu nehmen. 

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